ARD und ZDF haben die Einspeiseverträge mit den großen Kabelbetreibern gekündigt, weil ihnen die Vergütung von 60 Mio. € zu teuer ist. Tatsächlich ist es überall sonst auf der Welt andersherum. Dort zahlen Kunden und Netzbetreiber für Content. Doch das ist hierzulande nicht möglich. Das zwangsfinanzierte öffentlich-rechtliche Überangebot entwertet jedweden Inhalt und macht kommerzielle Politik- oder Kulturangebote unmöglich. Das gleiche gilt für privates Pay-TV. Wo durch verfassungswidrige Zwangsgebühren Parteienfernsehen mit Milliarden finanziert wird, ist kein Geld mehr über für einen Markt.
Beispiel gefällig? In den Neunzigern schwang am Sonntag Abend Erich Böhme seine Brille bei SAT1. Die Show hieß “Talk im Turm” obwohl sie ebenerdig im Berliner Interconti lief. Als das schlanke – preiswert zu produzierende – Programm zu erfolgreich wurde, setzte die ARD “Sabine Christiansen” dagegen, aus einem eigens dafür angemieteten Kuppelstudio, das der damalige Ehemann der vormaligen Tagesthemen-Moderatorin gekauft hatte. Die Produktionsfirma, die ein Millionenschweres Honorar dafür bekam, gehörte natürlich dem Paar. Selbst die Trennung bekam das Publikum mit. Als der Mann sich einer gleichblonden Show-Moderatorin zuwandte, konnte der Zuschauer beobachten, wie die ohnehin wenig begabte Christiansen sich durch die Sendung lallte.
Der Freibrief des Bundesverfassungsgerichts von 1985, den man “Grundversorgung” nannte und die Chance, sich jeden Verlust und jede Kostensteigerung durch Zwangsgebühren finanzieren zu lassen, führte zu grenzenloser Verschwendungssucht.
Was wir längst brauchen, ist ein wirklicher “public value test” nicht nur für das mit dreistelligen Millionenbeträgen finanzierte Internet-Angebot. Die “Wege in´s Glück” führen nicht zu “Roten Rosen” sondern in die Irre. Im Kampf um die Quote ist kein Niveau zu tief. Alles, was privat finanziert werden kann, muss nicht öffentlich-rechtlich bezahlt werden.
Wie dieses öffentlich-rechtliche Monopol wirkt, lässt sich derzeit bei der Fußball-Europameisterschaft feststellen. Besonders exemplarisch wird die Geldverschwendung am Usedomer Fußball-Strand des ZDF, wo presaisonale Vorruhestandsurlauber in Liegestühlen den weitgehend sinnfreien Moderationen der eng blickenden Katrin Müller-Hohenstein lauschen. Das ganze ist natürlich zur Hilfe finanziert durch “Produktionshilfe” der Tourismuswerbung der Stadt Heringsdorf, deren Seebrücke dafür eindrucksvoll stundenlang im Bild ist. Mit dem Gewerbe der Schleichwerbung kennt sich ja auch Andrea Kiewel aus, die ihre grenzdebile Schunkel-Show “Fernsehgarten” in die Nähe der Kukident-Zielgruppe verlegen wollte.
Hätte der Sender tatsächlich Fußball-Stimmung einfangen wollen, wäre er wohl auf der Berliner Fan-Meile am besten aufgehoben.
Und dann die Kommentatoren. So schlechter Journalismus wird einem sonst nirgendwo serviert. Da fabuliert einer, dass in diesem Viertelfinale der “deutsche Gegner” ermittelt werde und nicht wie es richtig heißt, der Gegner der Deutschen. Offensichtlich reicht es beim Zwangsmonopol, wenn man die Namen der Spieler fehlerfrei von deren Trikots ablesen kann. Wenn man einmal gelernt hat, welche Farbe zu welchem Land gehört, ist das nicht mehr zu verwechseln.
Dabei ließe sich von der Bundesliga bis zur Olympiade alles privat finanzieren. Um die entsprechenden Milliardenbeträge könnten die Zwangsgebühren gesenkt werden. Dann könnte man noch die überteuert produzierten Seniorensoaps einstellen, die am Nachmittag ohnehin fast keiner mehr schaut, obwohl einst bekannte TV-Schauspieler hier ihre Rente aufbessern dürfen. Besonders eigentümlich wird der Versuch der ARD, in der “Todeszone Vorabend ” zusätzliche Werbeeinnahmen über die Quote zu generieren. Gottschalk Light präsentierte sich auf dem Innovationsniveau, mit dem Günther Jauch und Gottschalk in den Achtzigern bei Bayern Drei der privaten Konkurrenz von Radio Gong und Charivari trotzten. Und die TV-Serien “Heiter bis Tödlich” glänzen mit ihrer bemühten Witzigkeit durch Abwesenheit von Humor. Bezeichnend, dass als deren Ausweis mit Monika Gruber eine Künstlerin gleich als Protagonistin von zwei Serien dienen muss. In “München 7”, das fast auf dem Niveau des verblichenen “Monaco Franze” operiert, wenigstens mit Erfolg – aber ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Der öffentlich-rechtliche Leitmediumsjournalismus tut dabei etwas dazu, dass das allabendliche Talk-Show Geseiere sich der Flachheit des Bildschirms annähert. Der Parteienproporz im Fernsehrat, in dem nach Sowjet-Manier die gesellschaftlich relevanten Gruppen vom Landfrauenverband über die Kirchen bis zur Gewerkschaft ihre unheiligen Allianzen zu Lasten des Zuschauers schliessen, sorgt erst recht dafür, dass unorthodoxe Meinungen und Hypothesen abseits des Fernsehmainstreams nicht einmal mehr im “Nachtstudio” oder “Philosophischen Quartett” ihren Platz jenseits der Mitternacht finden.
Die öffentlich-rechtliche Scheinöffentlichkeit ist nicht das Symptom. Sie ist eine der Ursachen für den Weg in die Knechtschaft.
9 comments
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26. June 2012 at 13:57
Jaquento
Keine GEZ Gebühr als Kabelkunde? Das habe ich mir auch schon überlegt als ich die Nachricht gehört haben. Allerdings ist es nun mal so das GEZ an das Empfangsgerätund nicht an den Anschluss gekoppelt ist.
Talk im Turm, heh, das war noch Zeiten, wo die Privaten tatsächlich noch Politisches im Programm hatten, leider ist die Nachfrage nach solchem doch eher gering hierzulande.
Ich meine mich zu erinnern das Sat.1 mal vor ein paar Jahren im Freitagabendprogramm mal ne Talkshow hatte, aber das das ne Totgeburt war hätte man sich angesichts des Sendeplatz nach/vor unlustigen Sketchcomedy sendungen denken können.
26. June 2012 at 15:38
euckenserbe
1. Was ist, wenn ein “Empfangsgerät” den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eben nicht empfangen kann.
2. Wenn ö.r. Rundfunk nicht mehr über das Kabel zu empfangen ist, steht auch das Konzept der “Haushaltsabgabe” zur Disposition und der “Grundeversorgungsauftrag” ist ad absurdum gestellt.
3. politische Diskussionssendungen sind prinzipiell sehr preiswert zu produzieren und lohnen sich deshalb ausserhalb der Hauptsendezeiten auch für Private. Es sei denn, es gibt ein Überangebot an entsprechenden ö.r.-Angeboten. Und der Markt ist gesättigt.
26. June 2012 at 15:57
Rayson
ad 1. Nach Rechtsprechung dürfte es für ein “zum Empfang Bereithalten” reichen, wenn ein handelsübliches Fernsehgerät in der Wohnung steht. Dass die Empfangsanlage, die ja auch nur eine kleine DVB-T-Antenne zu sein braucht, noch nicht installiert wurde, spielt da keine Rolle.
ad 2. Seitdem GEZ-Angebot auch im Internet auf uns lauert, braucht es für die Legitimation der Haushaltsabgabe nach herkömmlicher Rechtslogik nur noch PCs oder Smartphones.
Und ansonsten: Eben wegen der “Grundversorgung” sind ARD und ZDF verpflichtet, ihr Hauptprogramm auf jeden Fall in die Kabelnetze einzuspeisen. Sie könnten höchstens ihre Digitalsender und einige Dritte (im Einzugsbereich von KabelBW z.B. alle außer dem SWR) zurückhalten.
Fazit: Keine Chance. Dem System entkommt man nur durch totale Verweigerung moderner Kommunikation. Am besten aber, man kippt es ganz.
26. June 2012 at 17:53
euckenserbe
Um den letzten Abschnitt ging es mir. Übrigens habe ich es bisher geschafft, mich der Gebührenzahlung zu entziehen 🙂
27. June 2012 at 22:17
Alreech
da man in Zukunft eine Haushaltsabgabe entrichten muss ist es nur konsequent das die öffentlich-rechtlichen sich aus den Kabelnetzen zurück ziehen.
Prinzipiell ist es egal wie viele Zuschauer die öffentlich-rechtlichen haben, das Geld gibt es auch so.
Warum also dafür zahlen, das die Zuschauer in den Kabelnetzen öffentlich-rechtliches TV sehen können ?
Bei den Satelliten dürfte es das gleiche geben, auch hier kann sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft zurück ziehen.
Im Endeffekt wird mit der Haushaltsabgabe für jeden Kulturschaffenden ein Traum war:
Man kann sich in seiner Kunst selbst verwirklichen, und wird auch dann bezahlt wenn sie keiner sehen möchte.
Wollen wir wetten, das mit diesem System im Deutschen Fernsehen bald Sendungen entstehen die mit dem Schund des amerikanischen Kommerz-TVs ( Simpsons, oder diverse HBO Serien ) locker mithalten können ? 😉
26. June 2012 at 18:50
carrowman
zu 3. entweder das oder die privaten versagen darin ein konkurenzfähgies Konzept auf die Beine zustellen und/oder zu vermarkten.
Oder Otto Normalverbrauche interessiert sicht eher für seichte ebenso billige seit einem gefühlten Jahrzehnt wiederholten Sketchkomedy (wo wir wieder bei Marktsättigung wären).
26. June 2012 at 19:20
temuco
Guter Kommentar. Weitere Hintergrundinformation zu diesem Thema findet man auf unserrem Portal http://online-boykott.de, welches sich hauptsächlich mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk befasst.
27. June 2012 at 21:45
Milfweed
In der Bar kam mir letztens auch ein Gedanke. Alle Gaststätten ziehen zurzeit tausende Gäste an zum Public Viewing. Beim Superbowl sind die Pausen eine Milliardenbranche für Marketing. Hier in Deutschland wird man nun in den Pausen von den Propaganda Tagesthemen beschallt. Da denken ich echt an totalitären Staaten, die alle paar Stunden ihre Tatsachen durch die Lautsprecher schallen. Fehlen nur noch die Riesenplakate. Das hat bei mir alles ein ganz bösen Beigeschmack und ich mein das nicht überspitzt. Durch dieses Monopol, was imo die Meinungsfreiheit verzerrt, wird eine Millionen Euro Branche komplett zerstört. Die Werbespots in den Halbzeiten bei Rtl oder Sat 1 würden sich doch kein großes Unternehmen entgehen lassen.
27. June 2012 at 22:28
Alreech
Nachtrag:
Wieso müssen eigentlich die Kabelbetreiber weiterhin ARD und ZDF übertragen ?
Angeblich kann man doch inzwischen das ganze Programm der öffentlich rechtlichen im Internet anschauen…