von CARL CHRISTIAN JANCKE

Weder Gunnar Kaiser noch die Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit haben einen Anlass zur Klage. Die Einladung Kaisers durch die Stiftung und die anschließende Distanzierung haben beiden gehörige Reichweiten beschert. Und das ist die Währung des Erfolgs in Zeiten der Social Media. Eine klassische Win-Win-Situation. “As long as You spell my name right”, wie eine alte amerikanische PR Weisheit lautet. 

Worum geht es?

Kaiser hat gemeinsam mit Milosz Matuschek einen Apell gegen die “Cancel Culture” ins Leben gerufen, den selbst ich unterschrieben habe. Es ging um eingeengte Debattenräume und vorzeitige Diffamierung politischer Ansichten als “rechts”. Zumindest in der Praxis. Nun ist Kaiser einem solchen Auswuchs selbst zum Opfer gefallen. Auf Twitter distanzierte sich die Stiftung von dem von ihr bestellten Moderator. 

Grund war allerdings nicht dessen Leistung als Moderator oder fragwürdige Aussagen im Rahmen der Online-Diskussion, sondern seine vorher getätigten Aussagen, die der Chef der Stiftung, Karl-Heinz Paqué als Verschwörungstheorie brandmarkte. Vorher hatte die Stiftung sich in einem Tweet von Kaiser, den man ohne Angabe von Gründen als “rechtspopulistisch” brandmarkte, von ihm distanziert. 

Demarkationslinie: Nicht anerkannte Grenze

Paqué, dem die Ehre geschenkt wird, auf die Kritik des Welt Feuilleton-Chefs zu antworten, sieht durch Kaiser eine “Demarkationslinie”  überschritten. Ein gefährlicher Begriff. So nannte man die selbstverständlich von der freien Welt nicht anerkannte deutsch-deutsche Grenze, die von der “DDR” mit Selbstschussanlagen gesichert war, damit das eigene “Volk” unter Androhung des Todes nicht davon lief. Was für ein Bild.  Die Selbstschussanlagen des Liberalismus?

Ich teile Kaisers Ansichten in vielen Fällen nicht. Ich bin nicht der Auffassung, dass das Übel dieser Welt in den Hinterzimmern der Macht geboren wird und das IWF, die WHO, George Soros, die Bilderberg-Konferenz oder die Melinda und Bill Gates Stiftung die große “Transformation” planvoll vorbereiten. Im Falle von Gates halte ich das fast schon altruistische Wirken bei der Aids-Bekämpfung in Afrika für ausgesprochen segensreich, so kritisch ich die fast schon monopolistische Position von Microsoft seit den Achtzigern fand. Und diverse multinationale Organisationen wie die EU oder die UN halte ich persönlich für problematisch.

Aber es mag Gründe geben, das für plausibel zu halten und Kaisers Ansichten zu vertreten, ohne gleich als großer Verschwörungstheoretiker gelten zu müssen. Und in manchen Punkten mag er gar Recht haben. Liberale haben schließlich Karl Popper im Instrumentenkasten und können Argumente wiederlegen. Das hat Paqué nicht getan.

Augenmaß wäre nicht schlecht

Paqués Wortwahl gleicht den Populisten, die er bekämpfen will. Er zeigt kein Augenmaß und ist wohl davon getrieben, die überzogene Twitter-Reaktion im Nachhinein zu legitimieren. Damit tut er der liberalen Sache und seiner Institution keinen Gefallen. Manchmal zeigen vier Finger auf einen zurück, wenn man mit einem auf jemand anders zeigt. Das kann passieren. Nicht jeder macht immer alles richtig. 

Fragwürdige Stiftungen

Mit den Stiftungen haben die politischen Parteien sich einen Elefantenfriedhof auf Steuerzahlers Kosten geschaffen. Sie sind “parteinah”, was nichts anderes bedeutet, dass nach einer politischen Karriere ein aussichtsreicher Posten im Vorstand oder einer Auslandsvertretung winkt. 

Gemeinsam mit der staatlichen Parteienfinanzierung und der Fünf Prozent Hürde haben diese Stiftungen ihren Anteil daran, dass die politischen Parteien nicht wie im Grundgesetz an der Meinungsbildung mitwirken. Sie haben sie monopolisiert und so die Vielfalt des Diskurses ausgetrocknet. 

Es tut mir leid um die alten Freunde und Sympathisanten, die etwa bei der Naumann Stiftung Unterschlupf gefunden haben. Aber eigentlich zeigt doch die Causa Kaiser, dass man über die Notwendigekeit der Existenz dieser aus Steuern finanzierten Vorfeld-Organisationen der politischen Parteien nachdenken sollte.

Gut, dass wir drüber geredet haben.