Schröder Tagesspiegel

Christian Schröder hatte im Tagesspiegel behauptet, Merkels Grenzöffnung sei rechtmäßig. Das bestätige der Generalbundesanwalt und der europäische Gerichtshof. Die Behauptung der “gemeinsamen Erklärung” um Vera Lengsfeld, die Flüchtlingspolitik Angela Merkel sei nicht nur rückwärtsgewandt sondern falsch. Leserbriefschreiber begegnet er mit oben eingestelltem Serienbrief.  Seine Interpretation deutschen Rechts ist allenfalls trivial und grenzt an Rechtsbeugung. Lesen Sie meine Antwort:

Sehr geehrter Herr Schröder,

Sie antworten Ihren Lesern nun mit einem Musterbrief, in dem Sie darauf hinweisen, , die Bundeskanzlerin Angela Merkel habe zwar den Bundestag nicht gefragt, das sei aber kein Rechtsbruch. Das bestätige auch der Generalbundesanwalt, bei dem rund 1000 Strafanzeigen eingegangen sind und der Europäische Gerichtshof, der bestätigt hätte, ein Bruch der Vereinbarung von Dublin sei in Notlagen zulässig.

Es stellt sich die Frage, ob ihr schlichtes Verständnis unseres Rechtsstaates Sie für Ihre Tätigkeit als Redakteur des Tagesspiegels qualifiziert. Sie können nicht alles wissen, aber sollten doch jemanden fragen, der sich damit auskennt. Da haben Sie Ihre Leser arrogant zurecht gewiesen, statt sich mit den genannten Quellen zu beschäftigen. Und Sie sollten vor allen Dingen selber einschätzen können, was Sie wissen und was nicht. Ihr Jura-Verständnis grenzt an Rechtsbeugung.

Zur Erklärung:

A. Ihre Ausführungen

 

1.

Der Europäische Gerichtshof ist lediglich zuständig für das Europäische Recht, nicht aber etwa für das deutsche Grundgesetz. Verstöße gegen unsere Verfassung werden vom Bundesverfassungsgericht festgestellt. Die Feststellung des EuGH ist also keine allgemeine Feststellung der Rechtmäßigkeit sondern trifft nur auf den Vertrag von Dublin zu.

 

2.

Rechtsverstöße  müssen im übrigen nicht strafbar sein. Wenn ich falsch parke, ist das Unrecht, aber nicht strafbar. Wenn ich gegen einen geschlossenen Vertrag verstoße oder ihn nicht erfülle, verhält es sich genauso. Die Ablehnung der Eröffnung von Ermittlungsverfahren durch den Generalbundesanwalt  belegt nicht einmal abschließend die mangelnde Strafbarkeit der Bundeskanzlerin. Hier wurde lediglich festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Anzeige der dargestellte Sachverhalt nicht den angezeigten Strafrechtsbestand erfüllt.  Dies kann sich durch den Zeitablauf, detaillierte Darstellungen des Sachverhaltes und neu bekannt werdende Tatsachen jederzeit ändern.

Beide Beispiele taugen also nicht zu der von Ihnen festgestellten Behauptungen, die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin sei rechtmäßig.

 

B. Rechts- und Verfassungslage

Hält man sich an das Grundgesetz, ist die Sache ganz einfach. Unser Kollege Stefan Aust, ehemaliger Chefredakteur von Spiegel TV, dem SPIEGEL und der Welt stellte am 21.01.2018 mit Bezug auf den entsprechenden Artikel im Grundgesetz (auch für Sie, Herr Schröder, hätte der Blick ins Gesetzbuch die Rechtsfindung erleichtert) i.B. auf das damalige Sondierungspapier der GroKo:

 “Wir bekennen uns strikt zum Recht auf Asyl und zum Grundwertekatalog im Grundgesetz, zur Genfer Flüchtlingskonvention, zu den aus dem Recht der EU resultierenden Verpflichtungen zur Bearbeitung jedes Asylantrags sowie zur UN-Kinderrechtskonvention.“ Im Klartext bedeutet der Verweis auf EU-Recht, dass alle GroKo-Partner das deutsche Recht, das eine Zurückweisung von Asylsuchenden, die aus sogenannten sicheren Drittstaaten einreisen, zwingend vorsieht, wie bisher nicht beachten wollen. In Artikel 16a des Grundgesetzes heißt es unmissverständlich:

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist.

Da Deutschland ausschließlich von solchen Staaten umgeben ist, kann sich nach deutschem Recht zwangsläufig kein Zuwanderer, der auf dem Landweg einreist, auf das Asylrecht berufen. Beachtet wird dieser Teil des Grundgesetzes von der dafür verantwortlichen Bundesregierung allerdings seit mehr als zwei Jahren nicht; seit einer entsprechenden mündlichen Anweisung von Innenminister Thomas de Maizière an die für den Grenzschutz zuständige Bundespolizei im September 2015.

Nun stellt sich daneben noch die Frage, ob Merkels Ignorierung des Bundestags und des Bundeskabinetts nicht ebenfalls bereits Unrecht war. Denn die entsprechenden Geschäftsordnungen und das Grundgesetz legen eben auch  den Verdacht nahe, dass sie gegen diese Rechtsvorschriften verstoßen hat.

 

2.

Ich will nicht verhehlen, dass Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gewährt werden kann, solange etwa der Grund dafür, der Krieg in Syrien, vorliegt und der konkrete Lebensmittelpunkt der “Flüchtlinge” von kriegerischen Handlungen betroffen ist. Länder wie Syrien, der Irak oder Afghanistan sind aber so groß, dass in ihnen oder den umliegenden Ländern dieser Schutz gewährt werden kann, so dass dies in Deutschland nicht erforderlich ist.

 

3.

Aus dem Buch von Robin Alexander “Die Getriebenen”, das ich Ihnen gerne zur Lektüre empfehle (auch er ein über den Zweifel erhabene Kollege aus der WELT-Redaktion), geht auch zwingend hervor,  dass spätestens im September 2015 die Möglichkeit bestand,  das staatliche Gewaltmonopol wieder herzustellen. Der Kommandeur der Bundespolizei hatte dazu alle erforderlichen Vorbereitungen getroffen, Soldaten und Material an die Grenze gebracht und einen dreißig-seitigen Einsatzbefehl geschrieben. Merkel und der Bundesminister des Innern haben sich geweigert, ihn zu unterschreiben: Aus Furcht vor den Bildern, die dann im Fernsehen und Internet verbreitet würden. Wenn Ihnen die Lektüre zu lang ist, empfehle ich Ihnen meine Besprechung in der Jüdischen Rundschau.

 

Fazit

Ich hätte mir die Mühe dieses Blogposts nicht gemacht, wenn Ihr Verhalten nicht erstens typisch für den Medien-Mainstream wäre. Sie verkürzen und verschweigen, Sie differenzieren nicht sondern pauschalisieren, so dass das von Ihnen gewünschte Bild entsteht. Recherche, die diese Voreingenommenheit in Frage stellen könnte, wird unterlassen, bekannte Sachverhalte werden einfach ignoriert.

Sie sollten sich vielleicht nicht so nonchalant über Ihre Leser hinwegsetzen, sondern deren Hinweise ernst nehmen. Das wäre auch ein Weg gegen sinkende Quoten und Auflagen. Für Ihre Vorurteile auch noch Geld ausgeben, würde mir schwer fallen. Deshalb tue ich es auch nicht. Aber eigentlich ist mir auch meine Lebenszeit zu schade.

Mit herzlichen Grüssen

 

Carl Christian Jancke