Freiheit als Wert an sich taugt nur, wenn sie für alle gleichermaßen gilt. Dafür gibt es das Recht. Frei von Willkür schützt der Staat so die Freiheit des Schwachen vor dem Starken und dem Staat selbst – durch Regeln,die seine Macht beschränken. Das eint den Liberalen mit dem Konservativen, der seine Werte ebenfalls vom freiheitlichen Rechtsstaat schützen lässt. Ohne Recht herrscht Willkür oder Anarchie. Anarchie ohne Staat und Willkür schon, wenn der Staat sich nicht an das selbst gesetzte Recht hält. 

Für den Liberalen ist der schlanke Staat dem fetten überlegen. Auch der Sozialstaat ist mit dem Liberalismus vereinbar,  der diejenigen versorgt, die sich nicht selber helfen können. Der gegenwärtige Wohlfahrtsstaat, der im Sinne einer postulierten Sozialen Gerechtigkeit umverteilt, ist es nicht.

Der Bürger ist der Eigentümer des Staates. Mit Steuern und Abgaben erwirbt der Bürger Rechte gegenüber dem Staat. Das gilt natürlich insbesondere für den derzeitigen Wohlfahrtsstaat, der diese Rechte seiner Staatsbürger auch schützen muss. Wenn der Staat das Eigentum seiner Bürger nicht schützt, handelt er willkürlich.

Je kleiner der Staat, desto besser. Es gilt das Subsidaritätsprinzip. Was die Gemeinde besorgen kann, braucht der Landkreis nicht zu tun. Was das Land kann, braucht der Bund nicht zu regeln. Was der Nationalstaat kann, braucht keine europaweite Regelung.

Der Bürger erwirbt Eigentum am Staat über den Zeitpunkt seiner Abgaben- und Steuerzahlung hinaus. Die Infrastruktur hält über das Jahr hinaus und die Leistung der Kranken- oder Rentenversicherung tritt viel später ein als die Zahlung.

Der Konservative und der Liberale wollen das Eigentum am Staat schützen. Dafür braucht er das Gewaltmonopol und Grenzen, um  den Zuzug Dritter zunächst einmal überhaupt zu kontrollieren oder begrenzen zu können. Dafür braucht er Grenzen. Schon der Sozialstaat, der die bloße Not mildert und die Existenz garantiert, ist für alle attraktiv, die in keinem leben.

Der Rechtsstaat ist die Schnittmenge zwischen dem Konservativen und dem Liberalen. Beide können auch mit dem Sozialstaat leben. Der Wohlfahrtsstaat ist die Schnittmenge zwischen dem Konservativen und dem Sozialisten. Der eine will ihn nutzen, um bestehende Verhältnisse zu konservieren. Der andere, um die Welt zu verändern und das herzustellen, was er “soziale Gerechtigkeit nennt”.

Was sich nach Prinzipienreiterei anhört, ist essentiell. Die liberale Szene streitet sich immer wieder um den wahren Liberalismus. Die Geschichte dieses Blogs hat das schon vor Jahren vorweg genommen, als damals 25-Jährige Altkommunisten und Antideutsche zum Liberalismus konvertiert waren aber nicht ihre marxistische Sozialisation abgelegt hatten, mit der sie diejenigen, die nicht genau ihre Ausprägung des Liberalismus teilten, unerbittlich bis zur Zerstörung des Ganzen aufhielten.

Die Sache nahm ihre unvermutete Fortsetzung im Zwist in der ehrwürdigen Hayek-Gesellschaft. Am Ende verließ die Vorsitzende Karen Horn höchst selbst die Veranstaltung unter Mitnahme von 60 honorigen Vertretern des liberalen Establishments.

Die sassen dann mehrheitlich vor ein paar Tagen dann im Parkett, als das Walter Eucken-Institut den 125. Geburtstag seines Namensgebers beging. Der dürfte sich im Grabe gedreht haben, als man sich zu Ehren der Kanzlerin klatschend erhob, noch bevor sie etwas gesagt hatte. So verhalten sich Klaquere der Obrigkeit aber nicht liberale, ordnungsliebende Menschen.

Eucken war der geistige Vater des Ordoliberalismus, der die Freiheit mit klaren, einfachen und negativen Regeln schützen wollte, also mit dem Recht.

Daran, dass Angela Merkel dieses Recht gebrochen hat, kann  gezweifelt werden. Doch der Verdacht lieg nahe. Das trifft aber auch schon für ihren Vorgänger zu, der sich in Tateinheit mit dem Französischen Präsidenten über das Defizit-Kriterium des Maastricht-Vertrags hinwegsetzte, ein wesentlicher Meilenstein in der Entwicklung der europäischen Schuldenkrise.

Im Mai 2010 ließ sich Angela Merkel verbrieft vom französischen Präsidenten  zum Rechtsbruch erpressen. Die No-Bail-Out Klausel war Makulatur und die Steuerbürger der Bundesrepublik Deutschland haften seither gesamtschuldnerisch für die Staatsschulen aller Euro-Staaten.

Im September 2015 setzte Merkel einseitig und ohne Parlamentsbeschluss oder eine entsprechende Vereinbarung das Dublin-Abkommen außer Kraft und verstößt seitdem gegen diverse Gesetze.

Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel und wenn sich eine Regierungschefin nicht an die gesetzten Regeln hält, ist das einfach Willkür.

Karen Horn tritt nach. Im INSM-Blog erklärt sie Merkels Verhalten schlankweg für rechtens, nicht ohne sich dem sozialdemokratischen Justizminister Heiko Mass an den Hals zu werfen. Gegen die Eurorettung seien alle Klagen erfolglos und so einfach, wie es sich der ehemalige Verfassungsrichter di Fabio im Hinblick auf die Flüchtlingspolitik mache, sei es auch nicht.

Dabei kriegen all diejenigen, die das Verhalten für rechtswidrig halten, ihr Fett weg. In einem Atemzug nennt sie Frauke Petry und Frank Schäffler, den sie zum “Blogger mit FDP-Parteibuch” degradiert. Mit Verve streift sie “Tichys Einblick” und die Achse der Guten, nicht ohne den Vorwurf des “Rechtspopulismus” zu schüren.

Wer das liest, reibt sich verwundert die Augen. Noch vor Jahresfrist hatte sie als Vorsitzende der Hayek-Gesellschaft Roland Tichy mit ausgewählt und ihm persönlich die Hayek-Medaille mit einer netten Laudatio überreicht. Das war im Juni 2015. Dem Achse-Protagonisten Henryk M. Broder hat sie noch 2013 im Hayek-Club Berlin ehrfurchtsvoll gelauscht und hätte ihn gerne zu den Hayek-Tagen 2013 eingeladen.  Auch 2012 hat sie Richard Sulik die Hayek-Medaille verliehen und seinem Vortrag andachtsvoll gelauscht, der von nichts anderes handelte als dem Rechtsbruch der Euro-Rettung. Als der renommierte Wirtschaftsprofessor Joachim Starbatty auf einer von Horn mit organisierten Podiumsdiskussion vom Rechtsbruch bei der Euro-Rettung bei den Freiburger Hayek-Tagen sprach, war von Horn kein Widerspruch zu hören.

Es scheint, als sei die Frau auf den Kopf gefallen. Doch ihr Sinneswandel hin zur Linken und zur Kanzlerin hat einen einfachen Grund. Das Liberale Establishment rund um das Freiburger Eucken Institut möchte gerne weiter in der Politikberatung und im Sachverständigenrat ihre Pfründe horten. Und Christian Lindner, der ihr durchaus verbunden ist, liebäugelt mit der Macht, die in einer konservativ-liberalen Regierung nicht zu haben wäre, schon allein weil Merkel der CDU den Konservativismus ausgetrieben hat. Und Rot-Grün-Gelb wäre ja auch noch eine Option. Da versteht man besser, warum Frau Horn so viel Gefallen an Herrn Mass gefunden hat.