von CARL CHRISTIAN JANCKE
Maas ist nicht zufrieden mit den sozialen Netzwerken. Die würden strafbare Haßkommentare viel zu selten löschen. Facebook immerhin die Hälfte, Youtube ungefähr 10 und twitter nur ein Prozent. Der Mann übersieht eins: Es ist nicht an irgendwelchen Usern, Organisationen oder der neuerdings auftretenden Seite “Jugendschutz.net”, festzustellen, was “strafbare Äußerungen” sind, sondern Sache der Gerichte. Doch in keinem einzigen Fall hat Maas oder irgend jemand anders die bemüht.
Nachdem Maas mit Anette Kahane und ihrer Amadeus Antonio-Stiftung in die Kritik geraten war, die öffentliche Denunziationsportale mit Steuergeldern finanzieren wollte, hat er nun “Jugendschutz.net” aus dem Hut gezaubert.
“jugendschutz.net hat Angebote aus den Bereichen politischer Extremismus, sexuelle Ausbeutung von Kindern, Selbstgefährdung und Gewalt dauerhaft im Blick. Hinzu kommen Kontaktrisiken in Communitys, Messengern und Onlinespielen sowie Gefährdungen bei der Nutzung von Smartphones und anderen mobilen Internetgeräten.”
heißt es unter anderem auf der Internetseite. Die “Stelle” legitimiert sich immerhin durch eine der zahlreichen Vereinbarungen der Bundesländer, einen Landesjugendmedienschutzstaatsvertrag.
Da sollte man meinen, es ginge um sexuelle Darstellungen. Nein Jugendschutz.net will Jugendliche auch vor extremistischen Darstellungen schützen:
Islamfeindliche Beiträge erlangen vor allem im Social Web durch die Prinzipien des Teilens und „Likens“ Reichweite. Sie finden auch jenseits dezidiert rechtsextremer Kreise Verbreitung, beispielsweise auf Nachrichten- oder Unterhaltungsseiten. Jugendschutzrechtliche Verstöße wurden vor allem in Userkommentaren (z.B. volksverhetzende Äußerungen als Reaktion auf provokante Beiträge) dokumentiert oder als Darstellungen von Gewalt und deren Folgen (z.B. Menschenwürdeverletzung). Unzulässige Inhalte wurden nach Kontaktaufnahme meist schnell von den Plattformen entfernt. Betreiber müssen jedoch auch einen Beitrag dazu leisten, dass antimuslimische Inhalte unterhalb der Schwelle zum Jugendschutzverstoß nicht zu feindseligen Haltungen führen und damit den Nährboden für Hass und Gewalt gegen Muslime bilden. Wichtig erscheint, eine Kultur der Gegenrede zu etablieren. Dazu müssen User für die Auseinandersetzung gestärkt und ermuntert werden, rassistischen Hassbeiträgen an Ort und Stelle etwas entgegenzusetzen
Wäre das alles eine private Organisation, die sich aus Spenden oder Mitgliedsbeiträgen finanziert, ich fände es nicht besonders schön, würde aber nicht dagegen eingreifen.
Doch mittlerweile werden diesem öffentlich-rechtlichen Wächterrat vom Verfassungsminister hoheitliche Aufgaben übertragen und seine politische Auffassung als Grundlage von Zensur nicht nur geduldet sondern zum gesellschaftlichen und vor allem strafrechtlichen Maßstab gemacht. Das widerspricht der im Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit.
Doch das Geschäftsmodell ist ein anderes: Als “Kernfinanziers” führt jugendschutz.net die Landesmedienanstalten aus. Die wiederum werden durch die “Demokratieabgabe” sorglos gehalten, die Rundfunkgebühren. Bei denen handelt es sich genau genommen nicht um eine Gebühr sondern um eine Steuer, weil sie unabhängig von der Nutzung des Angebots gezahlt werden muss. Anders als bei einer Steuer bestimmt aber nicht das gewählte Parlament über Höhe und Verwendung, sondern eine undurchsichtige Melange aus Ministerpräsidenten, Räten und Kommissionen. Bei den paar Milliarden Einnahmen fallen die Millionen, die wir für das hehre Ziel “Jugendschutz” ausgeben, doch gar nicht auf.
Als “Projektgeber” greift auch für die bisher befürwortete Amadeo Antonio-Stiftung in die Tasche: Küstenbarbies Familienministerium sorgt dafür, dass wie eins Margots “Volksbildungsministerium” das was “rechtsextrem” ist, von den sozialistischen Demokraten bestimmt und exekutiert wird. Der Justizminister leistet Amtshilfe und droht mit gesetzgeberischer Hilfe, sollten die Betreiber der Netzwerke nicht kuschen. Strafrechtlich ist das übrigens Nötigung. Bei den sozialen Netzwerken führt das zu vorauseilendem Gehorsam um es sich mit dem Staat nicht über Gebühr zu verscherzen.
Die Gewaltenteilung ist nicht umsonst erfunden worden sondern aus schlechter Erfahrung. Sie unterscheidet in einem Rechtsstaat klar zwischen den Aufgaben zwischen Exekutive (Regierung), Legislative (Parlament) und Judikative (Justiz). Wenn gerade derjenige, der die Unabhängigkeit der Strafverfolgung in der Regierung mit Füßen tritt, muss er gehen.
P.S.: Ich halte manche Meinungsäußerungen, die ich zu lesen bekomme, für überzogen, unappetittlich und vielleicht sogar beleidigend oder volksverhetzend. Es ist aber meine persönliche Entscheidung, sie zur Kenntnis zu nehmen. Ich kann sie einfach übersehen, nicht lesen, löschen, die Verursacher blockieren, von Facebook Abschied nehmen oder zur nächsten Polizeiwache gehen, um im Falle einer Straftat Anzeige zu erstatten. Dafür ist die nämlich da.
4 comments
Comments feed for this article
27. September 2016 at 19:58
Andreas Moser
Gegen welchen Artikel des GG sollte es verstoßen, wenn jemand ein privates Unternehmen bittet, etwas zu löschen, und das Unternehmen dem manchmal nachkommt und manchmal nicht? Das hat nichts mit Strafrecht zu tun. Das Löschen eines Kommentars ist keine Strafe, genauso wenig wie irgendjemand einen Anspruch darauf hat, dass ein privates Unternehmen seine Meinungen abdruckt.
27. September 2016 at 21:47
Werwohlf
“Bittet”? Das ist eben keine Bitte, sondern ein Verlangen, dem mit einer Drohung Nachdruck verliehen wird. Was aber der Kern des Beitrags oben ist: Über die Strafbarkeit und damit den Löschgrund entscheidet eben nicht ein Minister, sondern ein Gericht. Somit bleibt nur: Minister verlangt die Löschung von Beiträgen, die ihm nicht passen.
27. September 2016 at 21:51
Andreas Moser
– Welche Drohung?
– Es stimmt nicht, dass Strafbarkeit eine Voraussetzung für einen Löschgrund ist. Facebook kann löschen, was es will. Wenn Facebook jeden zweiten oder fünften Post aus Mutwilligkeit löscht, ist das auch OK. Wenn Facebook alles löscht, in dem das Wort “Lebertran” vorkommt, ist das auch OK. Es ist ein privates Unternehmen, das hat nichts mit Zensur zu tun.
27. September 2016 at 22:56
Werwohlf
“Welche Drohung?” http://www.newsjs.com/url.php?p=http://www.deutschlandfunk.de/kampf-gegen-hasskommentare-im-netz-justizminister-maas.1818.de.html?dram:article_id=366867
“Facebook kann löschen, was es will.” Es geht hier ja ganz offensichtlich nicht darum, dass Facebook löscht, was es will, sondern dass es löschen soll, was es bisher nicht wollte.