Ich weile gerade in NRW. Dort hat VerDi beschlossen, durch einen “Warnstreik” den öffentlichen Nahverkehr zwei Tage lang stillzulegen und am zweiten Tag zusätzlich auch noch die Flughäfen zu bestreiken. Das ist für die Gewerkschaft die billigste Variante, ihre Mitgliederzahl zu maximieren und auf dem Rücken der Allgemeinheit ihre überzogenen Lohnforderungen durchzusetzen. Wenn gestreikt wird, bekommen die Mitarbeiter keinen Lohn. Diesen Ausfall kompensiert die Gewerkschaft mit der Streikkasse. Aber nur für ihre Mitglieder. Wer also Streikgeld will, muss vorher Mitgliedsbeiträge bezahlen, von denen sich dann das Lufthansa-Aufsichtsratsmitglied Bsirske seine verbilligten Lufthansa-Flüge leisten kann.
Andererseits ist so ein richtiger Streik natürlich eine teure Sache und verzögert die Angelegenheit ungemein. Denn zuerst soll ja eigentlich verhandelt werden. Und erst wenn die Verhandlungen gescheitert sind, darf gestreikt werden. Solange herrscht nämlich Friedenspflicht. Nach den gescheiterten Verhandlungen kommt eigentlich erst einmal die “Urabstimmung”, in der die Gewerkschaftsmitglieder darüber entscheiden, ob sie streiken wollen oder nicht. Und erst dann kommt der Streik. Aber nicht nur für ein oder zwei Tage. Sondern üblicherweise solange, bis eine Regelung auf dem Tisch ist, über deren Annahme dann wieder abgestimmt wird. Erst dann endet der Streik. Außerdem können die Unternehmen ja im Gegenzug aussperren. Früher bestreikte die IG Metall gerne z.B. den Kolbenhersteller Mahle. Kurz darauf gingen den Autoherstellern in ganz Deutschland die Kolben aus und die Bänder standen still. Von einer “Warnaussperrung” habe ich allerdings noch nie etwas gehört…
Wenn Bsirske aber einen vierwöchigen Streik bezahlen muss, dann ist die Kasse leer und er kann nicht mehr Business Class fliegen. Dann muss der Arbeiterführer in die Holzklasse.
Ich finde es ist an der Zeit, die Friedenspflicht zu stärken und den Warnstreik zu verbieten. Das können sie von mir aus für eine halbe Stunde erlauben, aber zwei Tage sind zuviel.
Und es beleuchtet die Frage, warum der defizierte öffentliche Nahverkehr nicht endlich privatisiert wird und jede Bus-, Strassen-, S- und U-Bahn einzeln ausgeschrieben wird. Wie das geht, zeigt der Markt für den Fernbusverkehr. Und dass das geht auch.
8 comments
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28. March 2014 at 20:43
Jaquento
Taschentuch?
29. March 2014 at 11:11
Thomas ex Gotha
Dem Genre der bürgerlichen Streikkritik fügt der Autor ein weiteres Beispiel hinzu. Und dass er unentgeltlich noch einmal den Job übernimmt, den eine zahlreiche andere Autoren ebenfalls erledigen, kann man ihm nicht verwehren. Die üblichen Topoi (protzig lebende Gewerkschaftsführer, Wehrlosigkeit der Arbeitgeber) fehlen ebensowenig wie der abschließende Hinweis darauf, dass eine Privatisierung (i.e. das Verscherbeln öffentlichen Eigentums) vorteilhaft wäre. So weit, so erwartbar.
Es geht aber bei den Streiks nicht um unentgeltliche Arbeit, sondern um das Geld, von dem die im öffentlichen Dienst Beschäftigten leben müssen. Ob die sich um die Meinung eines Hobby-Autors scheren, wage ich zu bezweifeln. Und es geht um die Auseinandersetzung mit einem Arbeitgeber, der mit dem Hinweis auf Steuergelder, die er nur in begrenzt zur Verfügung habe, gerne knausert. Der wird sich über den Tipp mit der halben Stunde Warnstreik sicherlich sehr freuen. Warum aber nicht nur eine Viertelstunde Warnstreik? Oder fünf Minuten? So dass man am besten gar nichts mitbekommt? Hier könnte der Autor seine Position ruhig noch etwas radikalisieren.
Ob der Fernbusverkehr wirklich ein gelungenes Beispiel für die Vorzüge der Privatisierung abgibt, wird sich erst in ein paar Jahren erweisen. Die Unternehmen nutzen übrigens eine staatlich aufgebaute Infrastruktur, bei der Privatisierung von z.B. Straßenbahnlinien würde diese Infrastruktur gleich mitverjuxt werden. Könnte ein Supergeschäft werden, ob dadurch aber eine Bahn mehr fahren oder der Nahverkehr gar günstiger werden würde, steht noch dahin.
30. March 2014 at 00:45
Gutartiges Geschwulst
Thomas ex Gotha: “Die üblichen Topoi (protzig lebende Gewerkschaftsführer, Wehrlosigkeit der Arbeitgeber) fehlen ebensowenig wie …”
Warum auch? Passt Ihnen die Tatsache nicht, dass Gewerkschaftsführer tatsächlich protzig leben, während sie “die Gier” anprangern?
Thomas ex Gotha: “Ob die sich um die Meinung eines Hobby-Autors scheren, wage ich zu bezweifeln.”
Es fällt auf, Herr ex Gotha, dass SIE sich penetrant um die Meinung eines Hobby-Autors scheren, dessen Artikel Sie eher wortreich, als geistreich kommentieren.
Liegt es daran, dass andere AutorenSie nicht ernst nehmen?
31. March 2014 at 01:07
Thomas ex Gotha
Da kann ich ja froh sein, dass wenigstens Sie mir noch gelegentlich die Gunst Ihrer Beachtung schenken. Aber schade, dass Sie nicht erkennen, wie sehr ich mich bemühe, diesem Blog ein wenig aufzuhelfen, indem ich den autistisch anmutenden Konsens sprenge.
31. March 2014 at 22:51
Gutartiges Geschwulst
Ist es gestattet, Herr ex Gotha, dass ich Sie mit einem Fremdwort belästige, welches lautet: Sachverhalt?
Wovon hängt die Richtigkeit einer Behauptung ab?
“Und dass er unentgeltlich noch einmal den Job übernimmt, den eine zahlreiche andere Autoren ebenfalls erledigen, …”
Wird die Qualität von Fakten davon beeinträchtigt, welche Autoren ihre Verbreitung übernehmen oder erledigen?
“Ob die sich um die Meinung eines Hobby-Autors scheren, wage ich zu bezweifeln.”
Damit wäre Hitler entschuldigt, eine Hobby-Kreatur (bezogen auf künstlerische und literarische Fähigkeiten), um dessen Perversion sich ein ganzes Land geschert hat.
“…, indem ich den autistisch anmutenden Konsens sprenge.”
Ein Konsens stinkt nicht dadurch, dass er “autistisch” ist, sondern eher durch massentaugliches, ideologisches Rudelverhalten, wenn mehr als zwei Lebewesen die selbe Parteifarbe besabbern.
31. March 2014 at 09:57
Robin
Thomas ex Gotha:
Sie scheinen eine Privatisierung als Schenkung zu betrachten. An wen eigentlich? Ich würde davon ausgehen, dass ein akzeptabler Kaufpreis für ein Staatsunternehmen vereinbart werden kann (falls tatsächlich Werte bestehen, die die beim Kauf vereinbarten Verpflichtungen übersteigen – wie z.B. Betriebsgarantien, Übernahme des Personals etc.). Wenn die Einnahmen dann in kürzester Zeit in die nächste Rentensteigerung verjubelt werden, ist die Schuld allerdings eher in der Politik als beim Investor zu suchen…
“ob dadurch aber eine Bahn mehr fahren oder der Nahverkehr gar günstiger werden würde, steht noch dahin.”
Mit Informationen, wieviel uns der ÖPNV eigentlich insgesamt (Investitionshilfen, Betriebszuschüsse…) so kostet, hält die öffentliche Hand ja ziemlich hinterm Berg. Das berichtet auch der BdSt und hat für meine Region immerhin ermitteln können, dass jeder Steuerzahler mindestens 600 Euro im Jahr für den ÖPNV zahlt. Wohlgemerkt: ohne eine einzige Fahrt gemacht zu haben
31. March 2014 at 10:00
Robin
Thomas ex Gotha:
Sie scheinen eine Privatisierung als Schenkung zu betrachten. An wen eigentlich? Ich würde davon ausgehen, dass ein akzeptabler Kaufpreis für ein Staatsunternehmen vereinbart werden kann (falls tatsächlich Werte bestehen, die die beim Kauf vereinbarten Verpflichtungen übersteigen – wie z.B. Betriebsgarantien, Übernahme des Personals etc.). Wenn die Einnahmen dann in kürzester Zeit in die nächste Rentensteigerung verjubelt werden, ist die Schuld allerdings eher in der Politik als beim Investor zu suchen…
“ob dadurch aber eine Bahn mehr fahren oder der Nahverkehr gar günstiger werden würde, steht noch dahin.”
Mit Informationen, wieviel uns der ÖPNV eigentlich insgesamt (Investitionshilfen, Betriebszuschüsse…) so kostet, hält die öffentliche Hand ja ziemlich hinterm Berg. Das berichtet auch der BdSt und hat für meine Region immerhin ermitteln können, dass jeder Steuerzahler mindestens 600 Euro im Jahr für den ÖPNV zahlt. Wohlgemerkt: ohne eine einzige Fahrt gemacht zu haben
6. April 2014 at 09:11
Thomas ex Gotha
“Verscherbeln” oder “verjuxen” sind keine Synonyme für “verschenken”. Dass die Infrastruktur einen gewissen Wert besitzt, haben Sie ja implizit selbst beschrieben. Und dass dieser Wert nie mit einem Preis bezahlt werden kann, der diesem gerecht wird, sollte auch klar sein.
By the way: Hat der Steuerzahlerbund eigentlich schon einmal ausgerechnet, was ich, der ich kein Auto besitze, im Jahr für Straßen bezahle, auf denen mein Bus nie fährt?