In der DDR war wählen ganz einfach. Man faltete den Wahlschein und steckte ihn in die Urne. Genauso viel Einfluß hat der Wählerwille auch heute auf das Ergebnis. Die Mehrheit der Wähler wollte keinen Mindestlohn und keine Steuererhöhungen. Und wahrscheinlich auch keine Koalition der großen sozialistischendemokratischen Parteien. Dass die Linken dabei die Blockflöten geben, ist die einzige Ironie, die die Geschichte für uns bereithält. Das Scheingefecht um Oppositionsrechte, Redezeiten und Normenkontrollklagen simuliert eine Demokratie, in der sich die Meinungen der Funktionäre nur graduell unterscheidet.
Es geht also weiter wie bisher. Spin-Doctors in den Parteizentralen provozieren Empörungswellen, die von den von ihnen kontrollierten öffentlich-rechtlichen Medien zuverlässig verstärkt werden. Im Anschluß wird von den von den gleichen Sendern beauftragten Meinungsforschungsinstituten die Volksmeinung “repräsentativ” abgefragt. Die gewünschte Wirkung, dass die “Mehrheit der Bevölkerung” nun für die entsprechende Maßnahme sei, sich zuverlässig einstellt, lässt sich dann in der Parlamentsdebatte nachhaltig zitieren.
Wie schon häufig hier konstatiert, leben wir längst in einer repräsentativen Demoskopie. Die ohnehin zweifelhafte Demokratie hat ihre Bedeutung vollständig verloren. Das lässt sich auch an der situativen Politik der vergangenen Regierung feststellen, die für eine Reformpolitik gewählt worden war, die sie nicht einmal im Ansatz begann.
Nun steht die Anzahl der Koalitionsabgeordneten im umgekehrten Verhältnis zu ihrer demokratischen Legitimation. Die Koalition wird sich auf eine Politik einigen, die die Mehrheit der Wähler nicht gewollt hat.
Mit diesem Wahlergebnis stellt sich die Frage nach der Legitimation der repräsentativen Demokratie. die ohnehin im Internet-Zeitalter mit der Geschwindigkeit der Postkutsche agiert. Würde der Staat sich idealerweise auf das Setzen negativer Regeln und eines Ordnungsrahmens konzentrieren, wäre das zu verschmerzen.
Da er aber allerorten interveniert, kommt die richtige Intervention meist zu spät und die falschen entfalten ihre Wirkung ebenfalls mit einem Timelack. Zu sehen war das etwa beim “Konjunkturpaket”, mit dem ein kommunaler Investitionsstau abgemildert wurde. Es griff aber trotzdem erst im Jahr nach der Krise, weil Ausschreibungen von Baumaßnahmen, Planungen und notwendige Genehmigungen ihre Zeit brauchen.
Nun erwartet uns ein interventionistischer Zentralismus, der das Wissen und den Willen der meisten Bürger ignoriert und so das Wachstum hemmt, den Wohlstand reduziert und die Freiheit weiter beschränkt. Weiterhin wird unsere Zentralverwaltungswirtschaft auf den kleinen marktwirtschaftlichen Sektor angewiesen sein, der unter der Steuer- und Abgabenlast schon lange ächzt, auch wenn er sich an die knarrenden Geräusche gewöhnt hat.
Ein klassisches Beispiel dafür ist der unvermeidliche Mindestlohn. Er schränkt die verfassungsmässig garantierte Vertragsfreiheit unzulässig ein und verpufft trotzem wirkungslos. Lediglich 11.000 alleinstehende, so genannte “Aufstocker” können darauf hoffen, dass sich ihr Hartz-IV Anteil verringert, wenn sie nicht mangels eigener Produktivität bei gestiegenen Arbeitskosten entlassen werden und kein Einkommen mehr erzielen, dass sie aufstocken könnten. Ansonsten steigt die Schwarzarbeit wieder an, weil sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer den anfallenden Sozialbeitrag sparen und untereinander aufteilen. Dabei garantiert der “Mindestlohn” in Anklam ein angenehmes Leben und ändert an der Not des Münchner Niedriglohners nichts.
Spätestens mit diesem Wahlergebnis ist der demokratische Sozialismus in der Bundesrepublik angekommen. Und all diejenigen, deren Stimmen im Ergebnis keinen Niederschlag gefunden haben, werden ignoriert.
10 comments
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23. October 2013 at 20:42
goyamonster
Du hast mit jedem Wort absolut recht. Was bleibt einem da noch zu sagen, außer “Wer ist John Galt”?
23. October 2013 at 20:45
Rayson
Und die schlechte Nachricht ist: Auch Volksabstimmungen würden zu keinen anderen Ergebnissen führen.
24. October 2013 at 07:19
euckenserbe
Das wage ich zu bezweifeln. Als empirischen Beweis führe ich die Schweiz an.
24. October 2013 at 08:29
Martin
Naja, er hat schon recht. Zumindest kurz- bis mittelfristig. Ich denke, es würde einige Jahrzehnte dauern,bis sich das Verhalten und Denken hierzulande etwas ändern würde.
24. October 2013 at 23:23
Rayson
Die Schweiz ist ein kleines Land und sehr föderal organisiert. Da lassen sich Folgen schwerer in einem allgemeinen Neben verstecken. In Deutschland sieht das leider anders aus: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/allensbach-analyse-liberalismus-ohne-zukunft-12629174.html
23. October 2013 at 21:09
Adrian
“Spätestens mit diesem Wahlergebnis ist der demokratische Sozialismus in der Bundesrepublik angekommen.”
Na krass. Wo wir Liberalen doch immer gesagt haben, so was geht nicht.
24. October 2013 at 07:19
euckenserbe
Habe ich nie gesagt….
23. October 2013 at 22:16
Thomas ex Gotha
Wenn Sie denn ein wenig Englischnachhilfe annehmen wollen von jemandem, der in der DDR aufgewachsen ist, so möchte ich Ihnen mitteilen, dass “a lack of time” nüscht zu tun hat mit dem von Ihnen gemeinten Verzögerungseffekt, dem “time lag”. Insofern gehört der “Timelack” zu den putzigen Pseudoenglischwörtern, die es im Deutschen gibt und von denen “Handy” sicherlich das bekannteste ist. Meinen herzlichen Glückwunsch zu dieser Kreation.
Was den demokratischen Sozialismus anbelangt, in dem wir nun dank des Mindestlohns leben sollen, so möchte ich Ihre Zuversicht etwas trüben: Die USA und Kanada, in denen Mindestlöhne gelten, sind als sozialistische Musterländer eher weniger bekannt. Aber wenn für Sie ein angenehmes Leben in Anklam schon gleichbedeutend mit Sozialismus ist, dann kann meinetwegen auch Washington als Zentrum der Weltrevolution gelten.
Beste Grüße
Thomas ex Gotha
P.S.: Ihr letzter Satz (“all diejenigen, deren Stimmen im Ergebnis keinen Niederschlag gefunden haben, werden ignoriert”) ist schon a bisserl wehleidig, finden Sie nicht?
24. October 2013 at 08:42
Martin
Herrje, wenn man schon sprachlich klugscheissern will, dann bitte richtig.
“Handy” ist natürlich mitnichten ein “pseudoenglisches” Wort. Auf die abstruse Idee kommen allenfalls daneben assoziierende Pseusoschlaumeier, die die Tatsache, das es im Englischen nicht (oder kaum) für Mobiltelefone verwendet wird, flugs als Beleg sehen, das es folglich auch kein englisches Wort sei.
Selbstverständlich ist “handy” ein im englischen Sprachgebrauch gängiges Wort und somit mitnichten “pseudoenglisch”.
Und was die Herkunft der Verwendung des Wortes für Mobiltelefone angeht:
” Aber den Begriff „Handy“ gab es als Hauptwort in Produktbezeichnungen auch im Englischen („Handycam“). Als Bezeichnung für tragbare Funkgeräte in Handgröße ist „Handy“ in Deutschland schon ab Mitte der 1980er-Jahre, also rund ein halbes Jahrzehnt vor Start der gegenwärtigen Mobilfunknetze nachweisbar.
In England gab es „Handy“ abgeleitet von „hand-held transceiver“ bereits Mitte der 1970er-Jahre. Erstmals taucht der Begriff in der Variante „Handie-Talkie“ schon in den 1940er-Jahren in den USA auf.
Die These der rein deutschen Wortschöpfung, die nichts mit dem Englischen zu tun habe, ist daher nicht plausibel. ”
Also vielleicht das nächste Mal ein bischen weniger dicke tun, wenn die Sprache auf “Handies” kommt….
Sonst wird das noch so peinlich, wie bei den Leutchen, die ganz fürnehm das “anglizistische” ‘s’ im Selterswasser weglasse und eine Selter oder ein Selterwasser bestellen….. besonders, wenn man wie ich kaum 20 km von der Gemeinde Selters, von der das Wasser seinen Namen hat, aufgewachsen ist, rollen sich einem da die Fußnägel auf vor lauter fremdschämen.
24. October 2013 at 12:12
Thomas ex Gotha
Nun, wir wollen uns nicht über die Herkunft des Wortes streiten, sind hier ja auch nicht beim aalglatten Bastian Sick, und daher beschränke ich mich auf den Hinweis, dass ein “„hand-held transceiver“ mehr so eine Art Funkgerät ist, und ich auch gar nichts gegen diese englischen Begriffe habe und nichts öder finde als Sprachpuristen, die das Deutsche am liebsten von allem Ausländischen “reinigen” wollen. Dass es dabei auch so tragische Fälle wie den von Eduard Engel gibt, lassen wir hier einmal außen vor. Nur musste ich bei dem Text “Die nationale Einheitsfront ist wieder da”, der eine Fülle von — in meinen Augen — unhaltbaren Thesen aufweist, erst einmal den Begriff “Timelack” recherchieren, bis ich das dahintersteckende Missverständnis entdeckte. Ich fands amüsant, weniger amüsant aber die anderen Schlussfolgerungen des Autors.
Dass Sie die Ehre des Ortes Selters verteidigen, ist schön. Mir war nicht bewusst, dass es Menschen gibt, die in Lokalen ein “Selter’s” bestellen. Oder gar ein “Veltin’s”? Ein “Diebel’s”?
Beste Grüße,
Thomas ex Gotha