Im Grunde ist die Blogosphäre eine Ansammlung von gutmeinenden Dilettanten. Wir schmoren im eigenen Saft und freuen uns, wenn wir vom situierten Establishment bei Hayek-Gesellschaft und Konsorten mittlerweile wahrgenommen werden. Das scheint sich aber auch nicht grün. Zwar füllt man bei den gegenseitigen Events die Stuhlreihen und prostet sich beim anschließenden Empfang freundlich zu. Eine schlagfertige Bewegung sieht aber anders aus. Das wurde wohl auch bei einem Event deutlich, bei dem immerhin zwei FdoG-Autoren anwesend waren. Liberalismus und Organisation erscheinen als unüberbrückbare Gegensätze auch und gerade weil jeder bis auf die letzte Nuance seine Version durchbringen will und die Kontrolle über die eingeworbenen Mittel behalten möchte. Die Abwesenheit liberaler Kaderorganisationen macht uns zwar symphatisch – wahrgenommen werden wir aber nicht. Die Zersplitterung der liberalen Bewegung im Internet ist das Gegenteil von Aufbruch.
Die Stärke des Netzes hängt an der Dicke seiner Knoten. Je mehr Institutionen aber versuchen, ihre eigenen zu flechten, desto schwächer wird das Netz an sich. So funktioniert das Internet. Und das erklärt, warum wir unseren eigenen Einfluß auf die veröffentlichte Meinung weitgehend marginalisieren. Das Netz lebt von der Vernetzung. Und die funktionert nur über starke Knoten. Dass wir dann auch noch Richard Herzinger von der Welt einladen, süffisant-wolwollend über unser Ehrenamt zu berichten, spricht Bände.
Je näher die Liberalen sich stehen, desto mehr betonen sie die Unterschiede. Gemeinsam ist uns das Lamentieren über den Rotgrün-sozialdemokratischen Mainstream. Dabei sehen wir darüber hinweg, dass uns vor allem zwei Dinge fehlen: Professionalität und Geld.
Dass man mit den richtigen Sozialtechniken etwas werden kann, hat der erste Wahlkampf Obamas gezeigt. Denn bis dahin galt, dass man es ohne kräftige Sponsoren in Amerika nicht schafft. Und die haben die Bushs und Clintons dieser Welt in den vergangenen Jahrzehnten mit ordentlich zwei- bis dreistelligen Summen ausgestattet, die denen einen entsprechenden Wahlkampf erst ermöglichte. Obama hat damals über das Netz die Massen mobilisiert. Und die haben seinen Wahlkampf finanziert. Das hat ihn ins weiße Haus gespült.
Auch wir waren übrigens schon weiter. Einst gab es das Blogaggregat der Sozioproktologen, das alle liberalen Blogs, von denen es schon mal mehr gab, ständig aktualisierte und immerhin zwei bis drei stellige Nutzerzahlen für dieses Blog generierte. Vergessen wird bei der Euphorie, wer schon wieder von der Bildfläche verschwunden ist, ich nenne als Beispiel nur Waldorf und Statler und die Bissigen Liberalen ohne Gnade. Auch die persönliche Vernetzung bei den Liberalen Lagerfeuern hat schon lange nicht mehr stattgefunden, auch wegen der persönlichen Spannungen einiger jugendlichen Altkommunisten, die bei der Konversion zum Liberalismus nicht ganz von ihren spätstalinistischen Sozialpraktiken lassen konnten.
Wie man seine Reichweiten gezielt verbreitet, seine Nutzerzahlen steigert, sich sichtbar und erkennbar macht, das ist schlichtes Handwerk, die Geld kostet. Weil es jemand geben muss, der sich darum kümmert und das nicht erst nach Feierabend. Solange wir nicht offen hinaus kommunizieren, dass wir Geld brauchen, um bezahlt zu werden, wird die Sache nicht fruchten. Der Liberalismus im Netz bleibt so weit hinter seinen Möglichkeiten.
Wir brauchen so etwas wie ein deutsches, liberales FOX-TV, das im Netz mit wenig Geld startet und dann auch die konventionellen Kanäle nutzt, um die Massen zu erreichen. Aber ich fürchte, Liberalismus und Organisation bleibt ein unüberbrückbarer Gegensatz. Auch wenn ich mich dabei wiederhole.
2 comments
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12. October 2013 at 23:40
Rayson
Klar, Liberale sind mitunter sehr ausgeprägte Individualisten. Wäre man das nicht, könnte man in Deutschland auch kaum Liberaler werden – und noch weniger bleiben.
Speziell auf das Internet bezogen, kommt aber etwas Anderes hinzu. Erstens der Wunsch nach Pseudonymität. Es hat seine Gründe, warum die Autoren dieses Blogs hier keine Klarnamen verwenden und ich auch nicht. Zweitens der Zeitfaktor: So einen Blogbeitrag hat man zwischendurch, wenn es gerade passt, mal schnell herausgehauen, ob morgens um 10 oder nachts um 2. Drittens die eigentliche Motivation. Ich blogge z.B. vor allem, um nicht an dem ganzen politischen Unsinn um mich herum zu verzweifeln, und um es einfach mal öffentlich festzuhalten, dass man diesen Mist nicht glauben muss. Ich freue mich zwar, wenn ein oder zwei Nasen das ähnlich sehen wie ich, aber das macht mich nicht zum Aktivisten, dessen Sinnen und Trachten auf eine Beeinflussung der Verhältnisse ausgerichtet ist. Viertens, worauf auch dieser Blogbeitrag schon hindeutet, das Bemühen um liberale bzw. libertäre Reinräume. Nur nicht kompromisslerisch die hehren Ideale beflecken. Wahrer Widerstand liegt im weltfremden Vor-sich-hin-Philosophieren. Das kennen wir auch von kommunistischen Zirkeln ganz ähnlich. So wie der aufrechte Kommunist den abweichlerischen Sozialdemokraten verachtet, so verachtet der aufrechte Libertäre alle Liberalen, die sich in diesem Staat und mit den Bedingungen, die gerade konket gegeben sind, um Veränderung oder wenigstens Verhinderung bemühen.
Alles zusammen genommen bedeutet: Eine liberale Bewegung kann und wird niemals vom Internet ausgehen. Hier hat sie höchstens eine Nische, in der ihre Ideen überwintern können. Sie hat erst dann eine Existenzschance, wenn die Einschränkungen der persönlichen Freiheit, an denen ja weiterhin mit den allerbesten Absichten überall kräftig gezimmert wird, von vielen Menschen als störend empfunden werden. Das kann dauern, zumal die andere Seite sich die Abhängigkeiten selbst zu schaffen vermag, von denen sie dann später profitiert. Ich glaube, Einsicht ist erst möglich nach dem unweigerlichen Kladderadatsch. Bis dahin lasst uns nicht von Dingen träumen, die nicht sein werden, sondern dem absurden Theater belustigt zusehen, es weiterhin kommentieren, uns im Alltag Freiräume schaffen und, sofern wir Kinder haben, sie auf Gegenden dieser Welt aufmerksam machen, wo die Freiheitsfeinde noch einen weiteren Weg zurückzulegen haben.
13. October 2013 at 11:10
moebius
Toller Beitrag, und noch besserer Kommentar, Rayson. Genau meine Meinung.