David Harnasch hat ein Fundstück ausgegraben, das alle diejenigen lesen sollten, die sich über eine von ideologischer Schlagseite und völliger Ahnungslosigkeit gekennzeichnete Berichterstattung über alle auch nur im entferntesten mit Geld, Wirtschaft oder der Abwesenheit des Schlaraffenlandes zu tun habenden Themen wundern.
Bei diesem Fundstück handelt es sich angeblich um eine Hilfe zum Lesen von Bilanzen für Journalisten. Nun hätte ich nichts dagegen, wenn ich wüßte, wie ich die wenig erbauliche Lektüre des elektronischen Bundesanzeigers etwas vergnüglicher gestalten könnte. Doch diese Hoffnung wird nicht erfüllt. Der einzige Erkenntnisgewinn, den ich diesem Beitrag verdanke: die Zielgruppe dieses Artikels ist über den Verdacht, ihre Nase jemals in solche Dinge gesteckt zu haben, erhaben.
Der Inhalt in Kürze: man kann Positives betonen, man kann Negatives betonen und (Ein)Schätzungen können unterschiedlich ausfallen (aus steuergestaltenden und anderen Gründen – aber das wird jetzt zu kompliziert).
David Harnaschs Rat: „Sollten Sie Taxifahrer sein, Kassiererin, Zwölftklässler südlich Frankfurts, Handwerksmeister, Friseuse, Kioskbetreiber, Arzt, oder Freiberufler: Lesen Sie diesen Ratgeber für Journalisten. Dann wissen Sie, wie sehr Sie all denjenigen überlegen sind, die sich erfrechen, Ihnen auf Papier oder im Fernsehen die Welt zu erklären.“
Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, leider nicht zu den nützlichen Berufsgruppen zählen, dann lassen Sie sich bei vollen Bezügen freistellen, vereinbaren Sie ein Sabbatjahr oder ein Wahnsinnshonorar für diesen Wahnsinnsknüller:
Abschreibungen sind etwas ganz normales!
Tja, das muß man jetzt erstmal verarbeiten…
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3. September 2012 at 16:09
Gerd Müller
Danke an Harnasch und an Sie. Die Wahrheit scheint mir noch etwas übler. Deutsche Journalisten, die sich zu Wirtschaftsthemen äußern, sind so etwas wie Heilpraktiker oder westafrikanische Voodoo-Priester, die sich zu medizinischen Dingen äußern. Es ist definitiv keinerlei Ahnung von BWL/VWL, weder praktisch noch theoretisch, vorhanden. (Bis auf ein paar bizarre Keynes-Anbeter; Münchau, Fricke etc). Simple mathematische Kenntnisse wie etwa elementare Zinsrechnung, Wahrscheinlichkeitsrechnung… alles kapitalistische Unterdrückungstechniken und deshalb zu recht völlig ignoriert. Die „klassische Vita“ eines Mainstream-Journalisten: Studium der Politologie oder Kommunikationswissenschaften u.ä. plus „Journalistenschulen“ (Axel Springer, Henri Nannen, Dt. Journalistenschule). Also alles Glaube und Voodoozauber. Wichtige Auswahlkriterien für die „Schulen“: Mikis und Kukis. Sprich: Mitarbeiterkinder und Kundenkinder.
Inhalt des Lehrplans der Journalistenschulen: „Die Welt erklären“ und „spannende Geschichten erzählen“. Das Handwerk: hunderte Phrasen („ist empört“, „demütigt“, „Spekulanten wetten gegen…“…). Viel Abschreiben. Recherche besser nicht weil… das macht Geschichten kaputt. Plus platte Desinformation (Mission soziale Gerechtigkeit, Klimarettung, Eurorettung etc). Das wars. Eigentlich ist jeder, der auf einer Journalistenschule war für den Rest seines Lebens ein kognitiver Pflegefall.
Wer nichts weiß und nichts nachrechnen kann, der muss glauben! Und zwar an (Katechismus): Energiewende, Klimawandel, das Böse im Markt, das gute im Funktionär, Planwirtschaft, das Friedensprojekt Europa usw. – eben den ganz großen Zauber. Da jede journalistische Prognose falsch ist (siehe Euro, Energiewende), muss regelmässig irgendein Regengott bemüht werden (Frieden, Gerechtigkeit, Klima), dem das Volk zu opfern hat (Steuern, Ersparnisse etc).
Den jungen Ahnungslosen werfe ich das noch nicht mal vor. Sie wissen ja nicht was sie alles nicht wissen, sie haben nichts Vernünftiges gelernt und ihnen ist die Welt ein totales Rätsel. (Wie etwa auch dem normalen Abgeordneten). Da bleibt nur die Phrase und der feste Glaube (Die Parteien haben immer recht, sie ernähren uns). Glücklicherweise ist man in den Redaktionen exclusiv unter seinesgleichen.
Aber die Verleger und Herausgeber sind schon starker Tobak. Gut, Verleger sind heute in der Regel Erben in dritter Generation, die zwar Ahnung von Reitpferden haben, aber deren Interesse an Publizistik sich auf den Scheck zur Gewinnausschüttung am Jahresende beschränkt. Aber wie unfassbar dumm und frech muss man sein… um – immer auf der Suche nach noch dümmeren zahlenden Kunden – erwachsenen Menschen die heillosen Stümpereien von 26-jährigen, superbilligen Kommunikationswissenschaftlern als Welterklärung etwa in Sachen Währung anzubieten. Auch die immer hämischer werdenden Kommentare der Leser zu den Ergüssen unserer Voodoo-Eleven (wie etwa in Sachen Eurorettung (siehe SPON)) scheinen den Verlegern keinen Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Abwärtsspirale der Printerlöse und billigen Schamanen als Autoren zu geben. Deshalb hier eine sensationelle Nachricht für Pferdeliebhaber, sprich Verlagserben, über einen sensationellen Verkaufserfolg eines Printproduktes – bei erwachsenen Käufern: http://adage.com/article/media/newsweek-s-anti-obama-cover-set-a-newsstand-hit/236966/
Herzliche Grüße