Die Salafisten wollen den Koran kostenlos deutschlandweit an jeden Haushalt verteilen. Nicht in Arabisch sondern in deutsch.  Und ein paar Reichsbedenkenträger sind dagegen. Ich bin dafür. 

Zunächst einmal sollte man sich daran erinnern, was selbst die Luthersche Übersetzung der Bibel und die Gutenbergsche Entdeckung der Druckerpresse mit dem Christentum angestellt haben. Die Reformation der mittelalterlichen katholischen Kirche und die Aufklärung wäre ohne beide Phänomene nicht vorstellbar.

Warum sollte man also vor dem Koran Angst haben?  Entweder diejenigen haben recht, die ihn für ein blutrünstiges Pamphlet der Menschenverachtung halten. Dann wird er den ohnehin wenig religiös eingestellten Staatsbürger kaum zur Konversion hinreißen. Oder es handelt sich um eine friedliebende Schrift der Menschenfreude. Dann gerät der Staatsbürger kaum in die Fänge der Salafisten.

Natürlich weiß ich, dass die Finanziers und Initiatoren damit eine Bekehrungswelle beabsichtigen. Aber ist unsere Gesellschaft anfällig für religiöse Schriften. Seit Jahrzehnten finde ich auf dem Nachttisch von Hotelzimmern eine Bibel, ohne in meiner grundsätzlich atheistischen Haltung gefährdet zu sein.

Unsere Gesellschaft könnte die Aktion als Chance begreifen, sich mit dem  Islam auseinander zu setzen und seine Kompatibilität mit einer aufgeklärten und offenen Gesellschaft zu diskutieren, statt Plattitüden wie “der Islam gehört zu Deutschland” abzusondern.

Denn es leben viele Menschen in Deutschland,  die sich dieser Religion zugehörig fühlen. Das ist in Ordnung, so lange sie nicht andere dazu zwingen wollen, nach ihren Regeln zu leben. Das gilt aber auch für die christlichen Kirchen, die in Deutschland bezugnehmend auf die Reichsverfassung der Weimarer Republik die Ladenöffnung am Sonntag einschränken wollen (auch wenn das im Vergleich eine bescheidene Einschränkung ist, wenn man sie mit der Rigorisität vergleicht, mit der das öffentliche Leben in Israel am Sabbat eingeschränkt wird).

Wer, wie ein paar Hinterbänkler von der CDU/CSU und engstirnige Ordnungsdezernenten die Koran-Verteilung verbieten will, spielt den Salafisten in die Hände. Wer frei und offen lebt, von seinen Werten und seiner Religiosität überzeugt ist, ist nicht nur kaum gefährdet, einem falschen Islam auf den Leim zu gehen. Sondern er sollte auch mit offenem Visier dagegen kämpfen, dass Terror, Entrechtung, Zwangsehen und Verschleierung mit religiösen Vorschriften begründet werden, die sich beim Lesen vielleicht als weniger zwangsläufig entpuppen.

Eine offene und aufgeklärte Gesellschaft kann sich das leisten und profitiert von der Auseinandersetzung mit  Schrifttum aller Art. Und mündige Bürger kommen auch ohne die Schutzmacht CDU/CSU gut zu recht.