Es ist völlig klar, das Wort “populistisch” bedeutet rein gar nichts mehr. Es ist zu einem reinen Kampfbegriff verkommen, der je nach Bedarf auf Personen und Meinungen angewendet wird, die nicht in den linken (oft auch als “linksliberal” bezeichneten) politischen Mainstream passen. Die Stimmen gegen den organisierten Rechtsbruch der Regierung in Sachen ESM, die in der FDP laut wurden, sind nach diesem Prinzip natürlich populistisch. Genauso wie Sarrazin vor einem Jahr. So wie Kritik an Religionen, nein eigentlich nur einer einzigen ganz bestimmten Religion, der Papst und Scientology dürfen mit gutem Gewissen verteufelt werden. Es ist populistisch, wenn jemand nicht an den esoterischen Mist einiger Weltuntergangsfreaks glaubt, die meinen, dass der Mensch in den letzten 40 Jahren die Erde zu stark aufgeheizt hat. Es ist populistisch zu glauben, dass Staaten kein naturgegebenes Recht haben, ihren Bürgern soviel Kohle wie nur möglich wegzunehmen. Es ist populistisch zu glauben, dass jemand, der einen festen Job hat, monatlich mehr Geld haben sollte als jemand, der nicht arbeitet. Es ist populistisch, dem Bürger zu viel Verantwortung aufzubürden.
Mit anderen Worten: Es ist populistisch, in keiner der linken Parteien Deutschlands zu sein oder sie nicht zu wählen.
Nicht populistisch ist es dagegen, die Wähler nach Strich und Faden zu belügen. Ihm eine kostenlose rundumglücklich-Versorgung zu versprechen, obwohl eine simple Excel-Tabelle ausreicht, um zu belegen, dass solche Versprechen finanziell einfach nicht drin sind. Mit der Piratenpartei ist ein besonders schamloses Grüppchen dieser Art in den Preußischen Landtag eingezogen, um das Geld aller anderen für die Lifestyle-Metropole an der Spree aus dem Fenster zu werfen.
Nie war der Begriff “Spree-Athen” so treffend wie nach dieser Wahl. Aber Vorsicht: Hetze gegen die Bundeshauptstadt ist populistisch!
4 comments
Comments feed for this article
20. September 2011 at 11:01
goyamonster
Jetzt wird auch noch die Bundesbank populistisch! Saß da nicht auch mal dieser Sarrazin mit drin? Ein populistischer Sumpf ist das! Ungeheuerlich!
20. September 2011 at 19:08
Carl M.
Was dem Wohlfahrtsausschuss ganz und gar ein Dorn im Auge ist, das sind die vielen so genannten „Stammtische“. Man verortet sie wohl in den noch nicht vom Nichtraucherschutz tangierten Spelunken (Raucherkneipen, hier in NRW; noch), wo die schwer Erziehbaren es wagen, eine Meinung zu haben, aber die falsche (noch schlimmer, eine populistische). Für unsere politischen Eliten und deren Medienwachhunde gilt wohl diese Gleichung: „Vox Populi“ gleich Vox Rindvieh (also „Stammtisch“ im Sinne von Autobahn).
Was wir brauchen sind viele, viele neue Stammtische, um die Grünen Khmer aus diesem Land zu vertreiben.
21. September 2011 at 14:40
Michael Klein
Populismus ist ein weiterer Begriff im Arsenal der do-gooders, der wie Solidarität (= wenn man von anderen etwas will) oder Toleranz (= wenn andere Verständnis haben sollen) genutzt wird, um Diskussionen zu unterdrücken, also totalitäres Machtinstrument. Diese Hoheit über den Mehrheitsaffekt ist das Ergebnis einer Kultur, in der Diskussion meint, Du erkennst an, dass ich Recht habe, und nicht den Streit mit Argumenten bezeichnet, deren Richtigkeit man empirisch prüfen kann.
21. September 2011 at 17:36
Roland Tluk
Schöner Beitrag, stimme ich persönlich mit der Einschätzung überein. =)