Die Opfer des Massenmörders sind noch nicht unter der Erde und schon nutzt der CSU-Hinterbänkler Hans-Peter Uhl die Gelegenheit, um ihren Namen in den Morgennachrichten unterzubringen. Das Massaker von Norwegen und der islamistische Anschlag am Frankfurter Flughafen seien zwar Taten einzelner, entstanden seien sie aber “im Internet”. Und deshalb sei die Vorratsdatenspeicherung dringend geboten. Der Mann hat nicht mal Pietät. Und seine Trittbrettfahrerei offenbart einen weiteren Volksvertreter, der nicht mal weiß, wovon er redet.
1. Das Netz fördert keine absurden Gedanken sondern erleichtert allenfalls ihre Verbreitung. Gleiches gilt aber auch für Meinungen und Ansichten, die weniger bedenklich sind.
2. Breiviks Ansichten haben ihn nicht zum Massenmörder gemacht. Seinen Begriff vom “Kulturmarximus” halte ich für nicht uncharmant und auch die deutsche Bundeskanzlerin dieser Strömung zuzurechnen, führt nicht zwangsläufig zum Terrorismus. Man kann auch verschiedene Ausprägung des Islamismus für bedrohlich halten, ohne gleich auf die Idee zu kommen, wahllos die Mitglieder einer politischen Jugendorganisation abzuknallen.
3. Die Psychose, die den Mann zu dererlei trieb, ist zweifellos krankhaft aber gewiss nicht Ursache seines “Internet-Konsums”. Das Netz ist nicht Grund sondern Werkzeug und zugegebenermaßen effizienter, als sich die 1500 Seiten in einer beliebigen Bibliothek zusammen zu kopieren, wie es vor 10 oder 20 Jahren noch möglich gewesen sei.
4. Das Netz hat es ihm erleichtert, seine wirren Gedanken zu verbreitern. Früher hätte er sein Pamphlet auf dem Weg zum Attentat in einen Briefkasten geworfen und an die Redaktion irgendeines Mediums geschickt, wie das RAF und IRA früher auch gemacht haben.
Anders als Uhl meint, ist das Netz nicht der Ursprung alles Übels. Es macht schneller offensichtlich, wieviele Deppen es auf der Welt gibt, weil sie hier ihr Unwesen treiben und ihre obskuren Phantasien nicht mehr für sich behalten. Da es aber eben viele sind, wird man sie nicht alle unter Kontrolle halten. Stattdessen droht die Zwangsbeobachtung gewöhnlicher Staatsbürger, deren Ansichten nicht der “political corectness” oder der herrschenden Mehrheitsmeinung entsprechen, wenn es um Religion oder Ersatzreligion (Marxismus, Klimawandel etc). geht. Wer ähnliches plant wie Breivik, wird sich in diesem Fall zu schützen wissen und seine wahren Ab- und Ansichten einfach bis zum Showdown für sich behalten.
Der Mann ist nach meiner Auffassung auch kein Terrorist sondern ein gewöhnlicher Wahnsinniger, dessen echte Motive wir noch nicht kennen. Es ging ihm nicht um die Rettung der westlichen Zivilisation, sondern um Massenmord. Und glauben sollte man so jemanden grundsätzlich kein Wort.
11 comments
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26. July 2011 at 19:57
lalibertine
Also ich denke schon, dass Breiviks Ansichten massenmordtauglich sind. Er fürchtete sich ja nicht vor dem Islamismus, sondern vor den Moslems, die seiner Meinung nach gerade dabei sind Europa per Überfremdung zu erorbern. Er hält das alles für eine große Verschwörung, an der nicht nur sämtliche europäischen Muslime beteiligt sind, sondern auch die “Kulturmarxisten” (read: jüdische Frankfurter Schule), die sämtliche Machtpositionen besetzt haben und den Muslimen bei ihrem Überfremdungskomplott behilflich sind.
Das ist Rassismus plus Verschwörungstheorie, eine Mischung, die schon oft bewiesen hat wie tödlich sie sein kann.
26. July 2011 at 22:21
euckenserbe
Das ist der Unterschied zwischen der notwendigen und der hinreichenden Bedingung.Nicht jeder, der seine Ansichten teilt, wird deshalb zum Amokläufer.
Und das mit der Frankfurter Schule, unter der ich im Deutsch-Leistungskurs schwer zu leiden hatte, wusste ich so nicht.
Dass der Mann aus plausiblen Meinungen einen merkwürdigen Cocktail gemischt hat, ist nicht zu bestreiten. Ursächlich für seine Verbrechen dürfte aber nicht seine Meinung sein, sondern seine Persönlichkeitsstörung.
26. July 2011 at 22:45
lalibertine
Klar, das mit der Internetzensur ist natürlich Unfug. Hässliche Ideen verschwinden ja nicht, nur weil man sie nicht mehr ins Netz stellen darf.
Für plausibel halte ich Breiviks Weltbild allerdings gerade aus liberaler Sicht nicht. Breivik ist keinen Deut besser als die Islamisten. Ein dualistisches Weltbild, Verschwörungsphantasien und krasser Kollektivismus völkisch-religiöser Provenienz. Der könnte auch der Hamas beitreten.
27. July 2011 at 00:25
euckenserbe
Der Widerspruch ist akademisch.
Ich bin mir lediglich nicht sicher, ob sein Weltbild – politisch – von den “Medien” angesichts seiner Tat richtig dargestellt wird.
Darauf kommt es aber letztendlich gar nicht an. Mir gerät zu sehr aus dem Blick, dass es nicht seine politische Intension ist, die so eine Tat notwendig macht. Zwangsläufig wurde sie durch seine Persönlichkeitsstörung.
Wenn Hintlerbänkler ihr Süpplein darauf kochen, wird die Sache allerdings pervers.
28. July 2011 at 01:29
Alreech
Ich weis nicht ob die Erklärung Wahnsinniger so zutrifft.
Sind die Terroristen von der Hamas alle wahnsinnig ?
Die RAF – alles Wahnsinnige ?
Islamistische Selbstmordattentäter ? Bekloppt ?
Menschen die lieb und nett zu ihren Mitmenschen und zu Tieren sind, dann aber als Scherge eines totalitären Regimes kein Problem damit haben zu wehrlose Menschen zu töten ? Nur gestörte Persönlichkeiten ?
Junge Menschen die an ihrer ehemaligen Schule ein Massaker anrichten und einen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem sie dieses Materialistische Schweinesystem für ihre empfundene Ausgrenzung verantwortlich machen – bloß nicht mehr in der Lage zwischen Spiel und Realität zu unterscheiden ?
Ich hab die Befürchtung das sich diese Menschen in ihrer geistigen Gesundheit nicht so sehr vom Durchschnitt entfernt haben.
Wahnsinnige ? Möglicherweise nur für uns. Fanatiker auf alle Fälle.
Ein Fanatiker muß nicht umbedingt verrückt sein ( auch wenn das sicherlich für ihn hilfreich ist ) , er muss nur bereit sein bis zum Extrem zu gehen.
Meistens findet er dann auch eine passende Sache für die es sich lohnt zu töten und zu sterben.
Diese Menschen richten diese Dinge nicht an weil sie Wahnsinnig sind, sondern weil sie es können und wollen.
Für weitaus beunruhigendere Erklärung als Wahnsinn.
28. July 2011 at 01:13
Alreech
Ich finde die Idee mit der Datei für Aufällige nicht schlecht, und ich hätte auch gleich ein paar solcher Typen für diese Liste:
Hans Peter Uhl, für den China ein Vorbild in Sachen Internetz-Zensur ist. “Wenn die Chinesen das können, warum dann nicht wir ?”
Das ist so krude, extremistisch und auffällig, da möchte man gar nicht nach seiner Meinung zu einem Bundeswehreinsatz im Inneren fragen…
Bernhardt Witthaut, wegen der Idee eine Datei über Meinungsverbrecher anzulegen.
Rainer Wendt, der die wirre Idee hat Google Street View für virtuelle Streifenfahrten zu verwenden
Joachim Herrmann, der glaubt das Kinderpornos verboten sind weil sie dem Zuschauer schaden und der mit dem Argument ein Killerspielverbot begründet…
Weitere Vorschläge ?
Ich glaub ich bin da ein bisschen Einseitig, es gibt bestimmt noch mehr Menschen die in letzter Zeit mit kruden und extremistischen Meinungsäußerungen aufgefallen sind.
Man könnte ja mal eine Wiki starten… 😉
28. July 2011 at 15:12
robert
koennte ich eine quelle zu dem “meinungsverbrecher” bekommen? sollte er das tatsaechlich so gesagt haben, koennen wir den mann offiziell als untauglich fuer ein oeffentliches amt mit verantwortung erklaeren.
zum thema breivik moechte ich mich nur dahingehend aeussern, dass mich die instrumentalisierung der opfer anekelt, aber nicht ueberrascht. wer hat denn spaetestens nach dem ad hoc atomausstieg nicht damit gerechnet?
ich bin allerdings womoeglich auch der falsche dafuer. jeden tag sterben 150000 menschen, 25000 davon allein kinder, die verhungern. nicht nur wird darueber nicht berichtet, auch fuehrt dieser gedanke zwangslaeufig zu einer enormen notwendigkeit der erodierung der eigenen empathie.
28. July 2011 at 16:49
euckenserbe
auf den Namen klicken, darunter ist ein Link zu Telepolis.
29. July 2011 at 01:27
Alreech
der Meinungsverbrecher ist kreative Freiheit meinerseits.
Aber ist das nicht eine gute Bezeichnung für Menschen, deren Meinung so gefährlich ist, das man sie überwachen muß ?
28. July 2011 at 16:45
Andreas Moser
Solange jemand keine Waffe und keinen Sprengstoff hat, kann er Internetmanifeste verfassen soviel er will.
29. July 2011 at 01:25
Alreech
Küchenmesser sind formidable Waffen. Sind sie aus Keramik, kann man sie sogar in einen Bereich Einschmuggeln der mit Metaldetektoren gesichert ist.
Eine Axt ist noch besser, ein Stück Edelstahl aus dem Baumarkt beidseitig angeschliffen ist fast genaus effektiv wie ein richtiges Schwert.
Wer im Chemieuntericht nicht gerade geschlafen hat weis wie man Sprengstoff herstellt, die Zutaten dazu gibts im Baummarkt.
Nicht jeder der Zugang zu Waffen hat und Internetmanifeste verfasst ist auch ein potentieller Terrorist.