Entweder es handelt sich um eine PR-Veranstaltung oder sie verstößt gegen die Verfassung. Denn die Versammlung verfügt über keinerlei Mandat. Die “S21 – Gegner” haben sich mit der Macht der Strasse und Kastanienwürfen dorthin katapultiert. Der in Elternzeit befindliche Grüne Oberbürgermeister Palmer, der gerne Oberbürgermeister in Stuttgart wäre, nutzt die Veranstaltung zum Wahlkampf. Die besseren Argumente hat die Bahn.
Anfang der Neunziger Jahre bin ich beruflich im Jahr 70.000 km mit dem Auto gefahren und auch innerdeutsch viel geflogen. Das hatte zwei Gründe: Es gab bis 1992 de Facto nur Auto- und keine Mobiltelefone. Wenn ich unterwegs erreichbar sein wollte, blieb mir nichts anderes übrig. Und die Eisenbahn war schlicht zu langsam. Anfang der Neunziger brauchte der Intercity von Düsseldorf nach Bahnhof Zoo rund acht Stunden. Das war ein ganzer Arbeitstag. Und die Akkulaufzeiten der Notebooks waren so kurz, dass man sich die Zeit mit gelegentlichen Besuchen im Speisewagen vertreiben konnte.
Heute braucht man auf derselben Strecke im ICE die halbe Zeit und es gibt Steckdosen, die die Akkulaufzeit verlängern. Dass die Telefone so handhabbar geworden sind, geht nicht auf Kosten der Bahn. Man kommt heute selbst aus Nürnberg schnell weg, sei es nach München, Hamburg oder Berlin. Wo Schnellbahnen vorhanden sind, kann man so problemlos an einem Tag eine Differenz von 500 km hin und zurück überwinden.
Die Schnellbahn Stuttgart – München schließt da eine Lücke, die ich persönlich selten nutzen werde. Für alle Süd- und Westdeutschen, Franzosen und Schweizer macht das Sinn, insbesondere weil auch noch die Messe und der Flughafen eingebunden werden kann.
Die Diskussion, die sich entfaltet ist detailreich und endet immer in derselben Sackgasse: Die einen glauben den anderen nicht, was die sagen.
11 comments
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22. October 2010 at 17:06
Philipp
Da habe ich wohl eine andere Veranstaltung gesehen als du. Vor allem Palmer hat gut argumentiert, Kefer et al. hat sich auch bemüht, schwomm aber doch ab und an ziemlich.
Was die Legitimation des Gremiums angeht, so ist es kein Gremium. Aber man wird ja wohl noch reden dürfen? Wenn am Ende eine Volksbefragung rauskommt, kann zumindest keiner behaupten, es wurde nicht ausreichend diskutiert.
Gönner war unerträglich in ihrer Überheblichkeit, aber auch der Kerl im grünen Pulli auf der Gegnerseite hatte einen Nervfaktor.
22. October 2010 at 21:41
euckenserbe
Palmer hat polemisiert – der Mann ist nicht auf den Kopf gefallen. Was die Frau Ministerin angeht, seh ich das auch so…
Nach dem Eingangsvortrag von Kefer war die Messe argumentativ eigentlich gelesen
22. October 2010 at 20:02
christianhannover
ja, was macht die pfeife palmer da??
23. October 2010 at 22:35
Alreech
Was er da macht ?
Wahlkampf.
Nachdem es den Grünen 1996 und 2004 nicht gelungen ist die Oberbürgermeisterwahl zu gewinnen arbeitet er jetzt auf 2012 zu.
In wie weit die Tübinger davon profitieren das ihr Oberbürgermeister S21 verhindern will weis ich nicht.
Will man momentan von Tübingen nach Stuttgart ist es am Besten das Auto zu nehmen und die Bundesstraße 27 zu nutzen. Dauert 40 Minuten.
So kommt man nämlich über den Stuttgarter Süden in die Landeshauptstadt.
Wenn man sich die Parkplatzsuche im Zentrum ersparen will kann man im Stuttgarter Süden (Möhringen & Degerloch) die Park & Ride Parkhäuser nutzen.
http://maps.google.de/maps?q=stuttgart+t%C3%BCbingen&um=1&ie=UTF-8&ei=aETDTOnwLo-VswbvqPy4CA&sa=X&oi=mode_link&ct=mode&ved=0CAsQ_AU
Mit dem Zug ist es dagegen eine Qual, da man über Bad Canstatt ( nördlich von Stuttgart ) geleitet wird. Dauert circa 48 Minuten, wenn alles gut geht und der Regionalzug nicht ausgebremst wird weil es zwischen Bad Canstatt & dem Hauptbahnhof ein Problem mit dem S-Bahn Verkehr gibt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Neckar-Alb-Bahn
Wenn man als Tübinger zum Stuttgarter Flughafen will ist es übrigens am Besten das Auto (27 Minuten) oder den Bus zu nehmen (48 Minuten).
Aber wer weis, wenn Boris Palmer 2012 Oberbürgermeister von Stuttgart ist haben vieleicht ja auch die Tübinger was davon ?
22. October 2010 at 20:08
Boris Eichler
Einen Zweck erfüllt das allemal: Der Zuschauer sieht, wie viele Aspekte bei solchen Entscheidungen abgewogen werden. Das ist bisher ein wenig auf der Strecke geblieben…
23. October 2010 at 05:53
apex
Es ist nicht nur so, daß die einen den anderen nicht glauben, was sie sagen, es ist ihnen egal, denn es geht um emotionale Befindlichkeiten. Der Grüne an sich ist kein rationaler Mensch, sondern ein emotionaler Mensch, der bestenfalls wissenschaftliche und pseudowissenschaftliche Argumente instrumentalisiert. Auf der Basis zu Verhandeln ist schlicht aussichtslos.
apex
24. October 2010 at 10:15
Authentisch liberal
Peinlich, wenn Pseudolibertäre (naja, “Freiburger Schule”, das sagt schon alles) der Staatsbahn bei ihren korporatistischen Steuerzahler-Raubzügen applaudieren!
24. October 2010 at 13:25
euckenserbe
Als Libertär hat sich hier noch nie jemand bezeichnet.
Tatsächlich trete ich für eine Zerschlagung der Bahn in fünf Unternehmen (Netz, Fernverkehr, Nahverkehr, Güter, Fahrzeuge) ein, die den Wettbewerb intensivieren würde. Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob die Netz AG privatisiert werden kann oder aber im Staatsbesitz bleibt, da bisher noch nicht absehbar wäre, wie Infrastruktur-Massnahmen privat finanziert werden könnten.
Auch authentischen Liberalen steht Sachlichkeit gut zu Gesicht
26. October 2010 at 22:16
RichardT
Tübingen würde von S21 nur profitieren. Wir gewinnen ja zweimal 20 Minuten, nach Stuttgart rein zum Umsteigen, und dann aus Stuttgart raus nach München oder Frankfurt.
was palmer betrifft kann man nur sagen, daß es in Tübingen 2 Lager gibt.
Die einen haben einen kleinen palmeraltar aufgebaut und die anderen würden sich freuen wenn er in Stuttgart OB würde, dann wäre er wenigstens aus Tübingen weg.
Die Sache mit der Elternzeit ist natürlich eine Unverschämtheit, sich 2 Monate nicht um die Stadt kümmern, groß verkünden, daß man nicht zu sprechen sei und dann sofort auf der Matte stehen wenn man seine Rübe in einen Kamera halten kann.
In Tübingen wird übrigens gegen heftige Proteste der Anwohner (aber halt nur 300) ein Projekt der Kreisbaugesellschaft durchgezogen. Mit dem Segen der rot grünen Ratsmehrheit. Hier ruft keiner nach ner Abstimmung.
27. October 2010 at 22:06
Alreech
Warum ruft da keiner nach einer Abstimmung ?
Haben die Protestler schon daran gedacht das Gelände zu besetzen ?
Als moralische Mehrheit die “für die Interessen des VOLKs, gegen skrupellose Spekulaten und den Filz aus Politik und Bauwirtschaft kämpft” hätten sie doch das Recht (und das gesunde Volksempfinden) auf ihrer Seite.
Und wenn die Stadt dann die Bullen ruft damit sie gewaltsam räumen ist das ein echter Win für das Protestlager. Nicht legitimiert so sehr wie ein paar Märtyrer.
29. January 2012 at 11:39
Etatistenorgie auf schwäbisch « Nazi-Hartzi
[…] Im liberalen Bloggerlager kann etatistisch durchsetzte Affirmation besichtigt werden. Hier brechen Nützlichkeitserwägungen über Fahrtzeiten und Law&Order die liberal-libertäre […]