Von Atomwaffen geht keine Gefahr aus. Sondern von denen, die sie benutzen wollen. Deshalb ist es gar nicht schlecht, ein paar davon auf Lager zu haben. Damit die potentiellen Nutzer des Arsenals begreifen: Wer als erster bombt, stirbt bestenfalls als zweiter. Das hat vierzig Jahre im kalten Krieg hervorragend funktioniert. Nichts spricht dagegen, dass es so bleibt. Dass Atomwaffen hierzulande stationiert sind, hat einen entscheidenden Vorteil: So lassen sich Amerikaner und Europäer schlecht auseinander dividieren. Und dass Russland auf alle Zeiten antiimperialistisch agiert, halte ich für ein Gerücht. Sorry, Guido.
Diese Ziele lassen sich natürlich auch mit geringeren Arsenalen erreichen. Aber wichtig bleibt, dass Amerikaner, Chinesen und Russen im Gleichklang abrüsten und sich kein Ungleichgewicht ergibt. Ebenso entscheidend ist, dass die Amerikaner auf eine Bedrohung Europas nicht nur mit Waffen reagieren können, die auf amerikanischen Boden stationiert sind. Das war der strategische Grund für den NATO-Doppelbeschluß und der ist nach wie vor richtig.
Heute scheint ein kriegerischer Konflikt in Europa schwer vorstellbar. Aber mit der einseitigen Verfügbarkeit von Atomwaffen auf europäischen Boden erhöht die Erpressbarkeit. Und die Russen haben nach wie vor noch nicht verwunden, dass viele ehemalige RGW-Staaten und Sowjet-Republiken die Seite gewechselt haben und sich abseits der wirtschaftlichen Verflechtungen gen Westen orientieren. Der Versuch der Einflußnahme durch das Zudrehen des Gas-Hahns rechtzeitig zur Kälteperiode zeigt, dass man Russland heute noch nicht unterstellen kann, dass es seine Interessen mit Glace-Handschuhen anfasst. Mit der Ostsee-Pipeline liefern wir unsere Nachbarstaaten ein Stück weiter dieser Willkür aus.
Europa sollte sich nicht angreifbar machen und in den alten Reflex verfallen, den Amerikanern im Schadensfalle die Drecksarbeit zu hinterlassen um anschließend und währenddessen ordentlich über sie zu schimpfen.
3 comments
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23. April 2010 at 12:23
Donauwelle
Es kommt immer darauf an wer abgeschreckt werden soll. Geht es um die bekannten Gegenspieler aus dem Kalten Krieg, dann handelt es sich um eine Abschreckung mit Halbwertszeit, deren Notwendigkeit in dem Maße zerfällt wie die politische Einigung vorankommt. Geht es um die Mächte, welche in erster Linie Israel bedrohen, dann ist zu berücksichtigen dass der Wirkungsgrad der Abschreckung hier nicht höher sein kann als dort, auch dann nicht wenn versucht wird ihn durch politisches Appeasement kurzfristig zu erhöhen (St.-Floriansprinzip). Geht es um noch unschärfer definierte Bedrohungen, dann steht die Frage im Mittelpunkt wieso diese überhaupt abschreckbarer sein sollten als Meteoriten. Von einer Abschreckung bis auf weiteres kann also in keinem Fall die Rede sein, es handelt sich so oder so um ein Auslaufmodell.
Insofern hat Westerwelle in diesem Punkt recht, scheint aber zu wenig mit der argumentativen Untermauerung seiner eigenen Forderungen beschäftigt. Das Ziel einer atomwaffenfreien Halbinsel, wie es von der orangenen Revolution in der Ukraine angestoßen wurde, ist perspektivisch der richtige Kurs, so wie auch Israel von sich aus auf landgestützte Atomwaffen verzichtet hat, weil es politisch sinnvoll war und technisch möglich wurde. Was die NATO auf dem Weg dorthin tun kann, ist die noch auf europäischem Territorium vorhandenen Atomwaffen so zu rochieren, dass sie sich tatsächlich in Staaten befinden von deren Regierungen sie ausdrücklich politisch gewollt sind. Gegenwärtig ist sich der NATO-Generalsekretär gegenüber den europäischen Außenministern in einer ähnlich verfahrenen Situation wie ein deutscher Ministerpräsident, der sich für die zivile Atomwirtschaft engagiert und gleichzeitig der Meinung ist dass ein Endlagerstandort im eigenen Bundesland nicht in Frage kommt. Hier muss, um den Föderalismus zu wahren, ein Gleichgewicht zwischen Taten und Worten hergestellt werden.
Geschieht das nicht werden die Amerikaner bereits vor dem Eintritt irgendeines Schadensfalles in Europa mit genau der Situation zurückgelassen die Kissinger früher immer beklagt hat, unklare Ansprechpartner, verwinkelte Zuständigkeiten und umstrittene Entscheidungsbefugnisse. Womöglich würde dann in dem Moment wo tatsächlich Atomwaffen eingesetzt werden der Panikfaktor allein schon zum atlantischen Auseinanderdividieren reichen. Stragegisch dürfte ein Ansatz, welcher das Potential bietet dass auch die Israelis sich langfristig darin integrieren können, demgegenüber klar im Vorteil sein.
24. April 2010 at 16:43
Alrik
amerikanische Atomwaffen und Truppen in Europa stellen vor allem sicher das der deutsche imperialismus nicht wieder erwacht.
Die Tendenz dafür gibt es schon, man muß sich nur an den Golfkrieg von 2003 zurückerinnern.
Damals haben die osteuropäischen Lakaien der Amis ( zusammen mit England, Italien, Spanien und den Niederlanden ) den unilateralen Krieg der USA gegen den Irak unterstützt, während Deutschland und Frankreich multilateral dagegen gewesen sind.
So manche deutsche Politiker – nicht nur der rechtsextremen Parteien – hätte wohl nichts dagegen gehabt den Polen und Teschen klar zu machen wer der Herr im gemeinsamen Europäischen Haus ist.
27. April 2010 at 13:26
Donauwelle
@Alrik – Auf deutsch gesagt, wenn demnächst die Erika im Bierzelt schimpft, lässt der Guido die Wunderwaffen vom ollen Franz-Josef aus ihrem geheimen Fliegerhorst, damit nachher das ganze Land Bescheid weiß wie strukturschwach die Hocheifel ist. Bamm!
Mal im Ernst, zwischen Steinbach und Rasmussen gibt es bezüglich der Interpretation der Benes-Dekrete ausreichend Sicherheitsabstand. Oder?